Der südlichste Punkt Europas & wie man zu einem Tesla kommt
Die Fahrt nach Algeciras ist kurz, die Landschaft schön.
Ich fahre an Tarifa vorbei, wo ich 1986 schon einmal in einem VW-Käfer am Strand übernachtet habe. Damals wartete ich dort mit meinem Freund auf die Abfahrt der Fähre von Algeciras nach Ceuta (Marokko).
Ich will auf jeden Fall noch etwas Zeit hier verbringen, wenn die Erledigungen in Algeciras abgeschlossen sind.
Tarifa ist der südlichste Punkt Europas.
Hier treffen Mittelmeer und Atlantik aufeinander. Dem Ort vorgelagert befinden sich eine Insel (Isla de la Palomas) die sozusagen zwischen beiden Meeren liegt. Von hier aus sind es 15 km Luftlinie nach Afrika.
Man kann die Küste Marokkos vom Strand aus meist deutlich sehen.
Der Wind weht hier pausenlos. Manchmal mehr, als einem lieb ist.
Mit dem für die Costa de la Luz typischen „Levante“ werde ich noch Bekanntschaft machen. Er kann Windböen bis Stärke 10 mit sich bringen. Tarifa ist DAS Paradies für Kitesurfer.
Für heute lasse ich Tarifa rechts liegen und fahre über die Berge Richtung Algeciras.
Am höchsten Punkt (Mirador del Estrecho) halte ich an.
Die Aussicht ist atemberaubend.
Man blickt auf die Straße von Gibraltar und die Küste Marokkos.
Es ist mehr als wunderschön.
In einem für mein Empfinden sehr kleinen Gehege, leben ein Pony und ein Esel zusammen.
Ich beobachte die beiden eine Weile.
Der Esel ist frech und zwickt das Pony andauernd. Die beiden rangeln miteinander.
Ich liebe Tiere.
Insbesondere Esel und Pferde (und Hunde).
Als ich weiterfahre und mich Algeciras nähere, überkommt mich ein Glücksgefühl.
Ich habe es geschafft. 2500km. Alleine mit Emma.
In diesem Moment wird mir klar, wie wichtig es ist dem eigenen Herzen zu folgen und die Dinge dann auch zu tun.
Nicht nur davon träumen und darüber reden.
Machen.
Ohne Wenn und Aber.
Sich selbst und die eigenen Ängste überwinden.
Das ist wahre Freiheit.
Wenn man das konsequent tut, belohnt einen das Leben.
Das erfahre ich jeden Tag aufs Neue.
Für mich ist das wahrer Reichtum.
Keine scheinbare Sicherheit und kein materieller Besitz können mir das geben.
Und ganz nebenbei wachse ich innerlich.
Das spüre ich deutlich.
Ich finde die BBVA-Filiale und stelle Emma auf dem Parkplatz eines Dicounters ab.
In der Bank stehe ich 45 min Schlange und warte darauf an die Reihe zu kommen.
Die Situation erinnert mich an meine Bankbesuche in Jamaika als ich in den 90ern dort lebte. Ich musste regelmäßig bis zu zwei Stunden für eine Abhebung anstehen. Die Erinnerung daran lässt mich lächeln. Jamaika.
Hier bin ich allerdings in Europa. Interessante Erfahrung.
Die Angestellte braucht gut 20 Minuten bis alle Daten erfasst sind, ich die € 9,85 bezahlt habe und das abgestempelte Formular in den Händen halte.
Geschafft.
Ich gehe zum Lidl einkaufen (schon wieder) und telefoniere auf dem Parkplatz mit Dirk.
Er ist Belgier und füllt in Marbella Gasflaschen verschiedener europäischer Länder auf. Ich habe ihn über eine Telegramgruppe gefunden. Gasbottles International Ltd. nennt sich seine Firma. Ich vereinbare spontan einen Termin mit ihm am Nachmittag und mache mich direkt auf den Weg. Es sind 80 km die Mittelmeerküste entlang.
Da ich gut in der Zeit liege, halte ich bei Estepona an einem Strand an und hüpfe ins Meer. Badewannengefühl ohne Wellen und sehr salzig. Auch schön. Ganz anders als der Atlantik.
Dirk kommt pünktlich zum vereinbarten Ort in einem Tesla angefahren. Ich übergebe ihm meine leere Gasflasche und er bringt mir nach 15 min eine gefüllte zurück.
43,- €. Ich schlucke.
Aha. So kommt man also zu einem Tesla.
Ich weiß, dass ich eine andere Lösung finden muss. Für diesen Betrag bekomme ich in Deutschland drei Füllungen.
Im Moment habe ich keine Wahl.
Wir plaudern noch ein bisschen und ich mache mich auf die Rückreise. Ich will nach Tarifa und dort ein paar Tage auf einem Campingplatz verbringen.
Die Fahrt verläuft ohne Zwischenfälle. Ich bin verschwitzt und müde.
Ich finde einen Campingplatz mit Strandzugang bei Tarifa und checke ein.
Als ich auf meiner Parzelle einparke, leuchtet Emmas Batterielicht.
Na super. Öfter mal was Neues.
Das Leben prüft mich offenbar gerne und häufig in diesen Tagen. Ich bleibe ruhig und vertraue darauf, dass ich auch hier eine Lösung finden werde.
Auf dem Platz arbeitet Antonio. Wie ich im Gespräch erfahre, hat er über 20 Jahre in der Dominikanischen Republik gelebt. Sozusagen um die Ecke von Jamaika. Wir verstehen uns. Er ist einer dieser Menschen die Ruhe ausstrahlen und immer einen guten Rat haben. Er spricht fließend Deutsch, Italienisch, Englisch und natürlich Spanisch. Dafür bewundere ich ihn. Ich finde das beeindruckend, denn auch ich spreche und lerne gerne andere Sprachen..
Wenn du ein Problem hast, frag Antonio!
Er kennt eine gute Werkstatt in Tarifa und vermittelt mir am nächsten Morgen dort einen Termin.
Er ist es auch, der mir einige Tage später eine Tankstelle im Ort nennt, wo ich meine deutschen Gasflaschen auffüllen lassen kann zu 1,- € pro Liter.
Auf dem Campingplatz „Rio Jara“ bin ich jedenfalls nicht zum letzten Mal.
Ich stehe also am nächsten Morgen um 9:00 Uhr in der Werkstatt.
Juan Antonio lässt sich von mir das Problem erklären. Die Lichtmaschine hatte ich erst vor 2 Jahren generalüberholen lassen. Ich schaffe es ihm dies in Spanisch mitzuteilen.
Er schaut in Emmas Motorraum und sagt mir dann, dass sie eine neue Lichtmaschine braucht. Ich bin etwas skeptisch, vertraue dann aber auf mein Bauchgefühl. Er prüft seinen Warenbestand im Rechner und stellt fest, dass er eine neue in Algeciras vorrätig hat. Ich erhalte einen Kostenvoranschlag und gebe ihm den Auftrag. Der Preis ist ok.
Danach gehe ich zum Strand und genieße die Zeit in einem Strandkaffee.
Man kann Afrika ganz klar erkennen heute.
Es ist immer wieder beeindruckend.
Als ich um 13:30 Uhr zurückkomme, ist die Reparatur fertig.
Emma hat einen neuen altenador, ich 374.- € weniger, das Batterielicht ist aus und ich kann es kaum glauben.
Wie gut, dass ich mich nicht aufgeregt und mir Sorgen gemacht habe.
Hätte sich nicht gelohnt.
Ich kann am darauffolgenden Tag zu meinem Termin bei der Policia Nacional in Algeciras fahren.