Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 2

Endlose Fahrt über Dörfer – 4 Anläufe und ein kleines verstecktes Paradies in Souris: Le Douvet

Geprägt ist dieser Tag von einer endlos scheinenden Fahrt (10 Stunden) bergauf, bergab über Dörfer und sich windende Minilandstraßen. Die Stimmung ziemlich im Keller.

Irgendwo auf einer Raststätte darf ich meine Vorurteile gegen Lkw-Fahrer beschämt revidieren. Ohne deren wertvolle Tipps wären die kommenden Tage sicher ebenso anstrengend geworden.
Dank dieser netten Männer habe ich nicht nur den richtigen Weg gefunden (ab jetzt!), ich habe außerdem während der kompletten 2500 km weniger als 20,- Euro Mautgebühren bezahlt.
Aber das nur nebenbei erwähnt.
Ich hatte jedenfalls die schnelle „Route Expresse“ von Deutschland aus ganz offenbar nicht genommen!

500km haben wir geschafft an diesem Tag, meine Emma und ich.

Physischer & psychischer Zustand, 21:00 Uhr: Ich bin komplett durch.

Und wie als ob meine Geduld bis aufs Äußerste geprüft werden soll, braucht es noch 4 Anläufe um einen Campingplatz zu finden.

Das erste Schild „camping“ führt nach 15 Minuten ins Nichts.
Das zweite ebenso.
Mittlerweile beginne ich zu überlegen, ob ich heulen soll und tue mir leid.
Beim dritten Platz werde ich mitten in der Prärie fündig (Juhuuu!).

Der Platz ist verschlossen. Na super! Ein Mann taucht auf und erklärt mir in Englisch, dass die Besitzerin verstorben sei und der Platz daher geschlossen. Er fügt hinzu, ich müsse aber nur die Straße (welche Straße? Ich bin auf einer Art Waldweg zu ihm gekommen!?) entlang, an der großen Kreuzung links, dann immer geradeaus und dann könnte ich den Platz nicht verfehlen.

Na gut. Dein Wort in Gottes Ohr.

Nach 3 vergeblichen Versuchen, ist meine Hoffnung auf einen entspannten Abend, mit einem Glas Wein vor Emma sitzend und ins Grüne schauend, auf Null gesunken.
Ebenso mein Vertrauen in französische Hinweisschilder bezüglich Campingplätze und diverse andere Wegbeschreibungen.
Merkwürdig ist das schon. Die Franzosen waren für mich immer DAS Campervolk. Als ich nach dem Abi mit einem VW-Käfer auf dem Weg nach Marokko durch Frankreich gefahren bin, gab es an jeder Ecke Campingplätze. Vermutlich befinden die sich alle entlang der Route Expresse.

Eine Wahl habe ich jedenfalls nicht.

Ich schließe kurz die Augen und verbinde mich innerlich. Ich bin bereit für den Platz und er darf jetzt kommen!
Dann fahre ich los.
Nach weiteren 15 Minuten will ich schon aufgeben (Ich gebe zu, im Vertrauen bleiben finde ich gerade herausfordernd) und beginne zu überlegen, wie ich auf dieser engen Straße Emma drehen kann. Sie ist ja kein VW-Käfer.

Da fällt mein Blick auf ein Schild „Le Douvet“. Ein Pfeil weist einen kleinen Weg hinauf.
Ich habe den Platz gefunden.

Es ist herrlich.
Ruhig, idyllisch und wunderschön.
Ein altes Bauernhaus befindet sich inmitten einer grünen Oase aus Weiden, Wildblumenbeeten, 2 Ponys, 2 Esel, Hühnern, einem Hund und einer kleinen Wiese für ein paar Zelte, Wohnwagen oder Wohnmobile.

Ansonsten: Nichts.

IMG_0791         (kleine Hörprobe!!)

Ein niederländisches Paar hat das Haus hergerichtet und vermietet dort Zimmer. Die Stellplätze laufen nur nebenbei, wie mir der Mann am nächsten Morgen erklärt. Leider habe ich seinen Namen vergessen.
Als ich nach einer Dose Linseneintopf und einem Glas Wein ins Bett falle, höre ich außer dem Zirpen der Grillen NICHTS.
Ein Paradies.

Eintrag in meinem Reisetagebuch am 30.05.2022:
Nach 4 Versuchen endlich auf einem Campingplatz gelandet. Le Douvet.
Was für ein Tag! Ich bin fix & fertig und den Tränen nahe. Manchmal ist Alleinsein eine Herausforderung.
Gelernt:
– LKW Fahrer sind Schätzchen und mega hilfsbereit
– La Route Nationale führt von Mulhouse nach Bordeaux
-Ich bin sehr stark und darf stolz auf mich sein
– Ich liebe Esel
– Emma ist sowieso die Beste.