Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 21

Karibu Kenya

Ich sitze auf meiner Dachterrasse und lausche dem Rauschen des Windes in den Palmen.

Von Weitem kann ich den Indischen Ozean hören. Ich habe eine Jogginghose angezogen. Es ist etwas kühl heute.
Wir haben Winter und es ist Regenzeit. Nur 26 Grad.
Ich bin in Kenia.

Als ich vor ein paar Wochen in Mombasa aus dem Flughafengebäude kam war mein erstes Gefühl, „oh, ähnlich wie Jamaika!“.
Stimmt nicht!                                                

Das hier ist Afrika.

Mit allem was man sich darunter vorstellt: Frauen die Eimer, Holz oder sonst irgendein Bündel auf dem Kopf balancieren, ihr Baby dabei in einem Tuch auf den Rücken gebunden, eingehüllt in bedruckte, farbenfrohe Stoffe, Häuser in traditionell afrikanischer Bauweise, bunte Tuktuks auf der Straße, Motorräder (bodas) auf denen man auch zu viert fährt (ohne Helm versteht sich) und wenn es regnet einen Schirm am Lenker befestigt, Muslima, die ihr Haar oder Gesicht verhüllen, Masai in ihren traditionellen Gewändern mit riesigen Löchern in den Ohrläppchen, Feuerstellen vor den Häusern auf denen gekocht wird, Ziegenherden & farbenfrohe Shops und Stände.

Ich wohne etwas außerhalb. Mitten im Grünen in Turtle Bay, direkt am Prawns Lake. Auf dem Weg komme ich an einer Moschee vorbei. Jeden Morgen um 5:00 Uhr weckt mich der Ruf zum Gebet der von dort zu mir herüberschallt. Christen und Muslime leben hier friedlich und selbstverständlich zusammen. Ganz normal und unaufgeregt. Die Kenianer machen es uns vor.

Ich bin jeden Tag aufs Neue von der Freundlichkeit und Fürsorge der Menschen hier überwältigt. Egal wo ich hingehe grüßt man mich, ruft man mir „Jambo“ und „Karibu“ zu. Ohne dass man mir etwas verkaufen will. Die Verkehrssprache ist Swahili, Amtssprache Englisch. An den Dialekt darf ich mich allerdings noch gewöhnen.


Ich lebe in Watamu. Einem kleinen Ort direkt am Meer. Er ist bekannt für die Freundlichkeit der Menschen. Übersetzt bedeutet Watamu so viel wie „sweet people“. Das hat mir vor ein paar Tagen L. erzählt. Wie passend.

Ich bin dankbar hierher geführt worden zu sein.
Kenia ist groß, Watamu klein und ein ganz besonderer Ort.

Ich glaube, ich hatte sogar – trotz meiner vielen Reisen – in den ersten Tagen eine Art leichten Kulturschock. Habe ich doch die letzten Jahre vorrangig in Europa verbracht. Die letzten 9 Monate davon in Deutschland.
Als ich von dort wegging sehnte ich mich nach Einfachheit und Ruhe. Weniger Reizen, weniger Auswahl, weniger Technologie, weniger Informationen, weniger sensationsheischenden Nachrichten, einfach weniger von allem.
Das habe ich hier.

Vieles was mich in Deutschland bewegt hat, relativiert sich jetzt.
Ich bin sehr glücklich darüber dem erst einmal entkommen zu sein.
Für mein Empfinden gibt es in Deutschland von allem zu viel Zuviel.
Überall.
Angefangen von den Nachrichten, den Medien, der Reizüberflutung, dem Angebot im Supermarkt, den pausenlos proklamierten Problemen und Krisen. Irgendwie alles. Die Abgeschiedenheit und Einfachheit sind Balsam für mich. Ich bin wieder ganz nah dran. Im Moment. Im vielgepriesenen Hier & Jetzt. Endlich.

Gestern sah ich die Nachbarkinder spielen. Mit einem aus Holzstöcken gebauten Laster. Bis ins kleinste Detail nachgebaut. Das letzte Mal habe ich so etwas vor über 20 Jahren in Jamaika gesehen. Es berührt mich.

Die Auswahl an Lebensmitteln ist beschränkt, aber es gibt reichlich.
Das meiste kaufe ich bei einer der Frauen welche überall Obst und Gemüse verkaufen. Zu sehr günstigen Preisen. Frische Avocados Tomaten, Kohl, Zwiebeln, Ananas, Bananen, Passionsfrüchte, Orangen, Melone. Der Supermarkt ist 1/10 so groß wie ein deutscher Aldi. Was für ein Segen.
Man kauft, was es gibt und das ist reichhaltig und gut.

Ich brauche vieles nicht.
Bereits in Deutschland habe ich meinen Besitz aufs Wesentliche reduziert. Alles passt in einen kleinen Transporter. Weniger ist mehr. Jedes Teil, dass ich weggegeben habe, bedeutet ein Stück mehr Freiheit.

Was mir besonders auffällt ist das große Vertrauen der Menschen ins Leben und ihre Präsenz im Moment.
Sicherheit und übertriebene Kontrolle scheint man hier nicht zu kennen. Wenn vier Leute auf einem Motorrad ohne Helm fahren oder eine Ziege auf die Straße rennt kann natürlich etwas passieren. Muss aber nicht.
Ich habe nicht die Absicht zu raten zu viert auf dem Motorrad zu fahren.  Das darf jeder selbst entscheiden. Vielmehr bestätigt es mir sehr deutlich was ich sowieso schon lange wahrne
hme.
Wenn ich in dem Zusammenhang an Deutschland denke, frage ich mich:
Ist weniger nicht auch hier manchmal mehr?
Ich möchte die Armut vieler Menschen hier sicher nicht kleinreden.

Glücklicher scheinen die Menschen in Deutschland auf Grund ihres Wohlstands trotzdem nicht zu sein. Ganz im Gegenteil. Andauernd macht man sich Sorgen und hat Angst vor allem Möglichen. Lässt sich von jeder neuen Schreckensnachricht verunsichern. Man strebt nach Sicherheit und Absicherung. Hat den Fokus auf der – für mein Empfinden – eher unförderlichen Seite. Anstatt auf dem was man hat und was gut läuft eher auf dem was man nicht hat oder was – schlimmer noch – passieren und einem schaden könnte.

Schon schräg. Spätestens seit dem Zweispaltexperiment der Quantenphysik sollte eigentlich bekannt sein wie das so mit der Energie läuft. Sie folgt bekanntlich der Aufmerksamkeit. Oder nicht? Schaffe ich mir denn nicht meine Welt und Realität selbst durch das mit dem ich mich befasse? Worauf mein gedanklicher und emotionaler Fokus liegt, sprich, woran ich denke und was ich fühle? Wie war das nochmal mit dem Gesetz der Anziehung?

Ich schweife ab.
Wo war ich gleich stehengeblieben? Ach ja: Sicherheit.
Gibt es die überhaupt?

Ich glaube, dass es mehr Sinn macht den Moment zu genießen und dankbar zu sein für das was man gerade hat, anstatt sich andauernd darüber Sorgen zu machen, was passieren könnte oder sich damit zu beschäftigen was man tun kann, damit es nicht eintritt?
Ich schweife wieder ab. Ich wollte ja von Watamu berichten.

Ich merke wie viel leichter es mir hier fällt meinen Fokus auf die positiven Dinge zu legen.
Ich habe so ein Glück.

Da ich vier Tag die Woche arbeite, ist meine Zeit gut ausgefüllt.
Ich arbeite remote. Ortsunabhängig. Ich brauche einen Computer und WLAN. Mehr nicht. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit. Die Arbeit ist manchmal herausfordernd, aber macht Spaß. Ich lerne viel und wachse daran.

Es war die richtige Entscheidung alles aufzuhören und loszulassen was ich in den letzten Jahren getan habe.
Ob mir die Sicherheit fehlt?
Welche Sicherheit nochmal genau?
Nein. Tut sie nicht. Es hat sie eh nie gegeben.
Das was ich durch das Loslassen gewinne ist viel mehr wert. Es ist mit Worten nicht zu beschreiben was mir das Leben täglich schenkt und schickt.
Es kommuniziert mit mir und lehrt mich pausenlos. Ich bin auf meinem Weg. Meiner (Helden)Reise. Und die ist wundervoll und bunt.
Demnächst werde ich auf Safari gehen. Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie das sein wird, wenn ich Giraffen, Elefanten und vielleicht sogar Löwen und Nashörner in freier Wildbahn treffe.
In meinem Garten leben Affen, Eulen, kleine Echsen und jede Menge Vögel.
Auf die großen Tiere bin ich mehr als gespannt.
Ich werde berichten.
Das Leben ist wunderbar. Danke.

 


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