Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 20

8 Tage – 8 Orte und nichts als Regen

Mittlerweile sind  einige Wochen vergangen. Ich sitze neben meinem Kaminfeuer am Rechner. Emma hält Winterschlaf in der Scheune. Die Rauhnächte sind vorbei, meine Ausrichtung für 2023 klar. Bevor ich meine Energie komplett darauf richten kann, möchte ich die letzte Reise auch hier zu Ende bringen.
Insgesamt haben Emma und ich 10.000 km gemeinsam zurückgelegt.
Die Erlebnisse sind unzählbar, die Zeit unbezahlbar.  
Abenteuer, Geschenk, Bereicherung und Transformation auf allen Ebenen.
Oft bin ich mit meinen Gedanken bereits beim nächsten Trip. Vor mir liegt allerdings noch der Winter, den ich im Süden Deutschlands verbringe.
Meinen bisherigen Wohnort habe ich verlassen.

Zurück zu den letzten Tagen on Tour.
Nach zwei Übernachtungen in Ds gemütlichem Holzhäuschen, breche ich mit Emma auf.
Wir machen zunächst einen Stopp in Astorga. Wenn ich schon hier bin, möchte ich auch Ds. Outdoorladen besuchen. Als ich eintreffe, ist sie sehr beschäftigt. Sie hat Kundschaft. Die Pilger brauchen Utensilien für die weitere Reise nach Santiago de Compostela. Bis dorthin sind es noch 250km. Ich freue mich, dass der Laden läuft.
Da ich Abschiede nicht mag, umarmen wir uns, ich streichle Lucky und gehe.
Ich mache mich auf die Reise nach Burgos, meinem vorletzten Ziel in Spanien.
Die Straße führt ein Stück am Jakobsweg entlang.
Diesmal kommen mir die Pilger entgegen. So reist jeder auf seine eigen Weise zu sich selbst.
In Burgos übernachte ich auf einem Campingplatz. Nachts wird es mittlerweile kühl. Ich werfe zum ersten Mal Emmas Heizung an.
Am nächsten Tag erreiche ich San Sebastian am Nachmittag. Ich finde keinen geeigneten Stellplatz. Der einzige in der Stadt ist komplett überfüllt.
Was nun?
Ich suche in meiner App eine Alternative und verlasse die Stadt. Es geht in Kurven bergauf. Hier oben ist kein Mensch. Nicht einmal Autos kommen mir entgegen. Nach einer Stunde erreiche ich einen einsamen Parkplatz oberhalb des Meeres. Die Aussicht ist atemberaubend. Es ist sehr windig und kühl. Außer mir stehen zwei weitere Mobile dort. Ich fühle mich nicht wohl und habe keine Lust die Nacht im stürmischen Regen irgendwo in der Einöde zu verbringen. Ich bin leicht genervt.
Was jetzt?
Ich drehe um und fahre die Strecke wieder zurück. Eine weitere Stunde vergeht. Mittlerweile ist es fast dunkel. Ich bin müde und habe Hunger. Kurzerhand stelle ich mich auf einen öffentlichen Parkplatz. Es regnet ununterbrochen. Ein schnelles Essen und ab ins Bett.
Am nächsten Morgen breche ich vor 7:00 Uhr auf. Es regnet nach wie vor wie aus Eimern. Fast scheint es, als ob ich so schnell wie möglich nach Deutschland zu meiner Familie kommen soll.
Eigentlich wollte ich noch ein paar Tage an der französischen Atlantikküste bleiben. Bei dem Wetter macht das aber weder Spaß noch Sinn.
Gegen 8:00 Uhr überquere ich die Grenze nach Frankreich. Es schüttet.
Ich biege ab zum französischen Lidl und decke mich mit dem ein, was die Franzosen so kaufen. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal einen Discounter feiern würde.
Mittlerweile bin ich genervt vom Wetter. Ich mache mich trotzdem auf den Weg zur Küste.
Das letzte Mal war ich 2006 in dieser Ecke. Damals mit meinem Sohn und einem Zelt.
Ich finde einen Stellplatz an der Plage de Contis. Die Fahrt dorthin scheint endlos. Die typischen kleinen französischen Landstraßen die mich schon auf meiner Fahrt nach Spanien an den Rand meiner Geduld gebracht hatten, tun das auch diesmal.
Der Stellplatz ist nah am Meer und ich bekomme eine kurze Regenpause.

Gerade genug um mich vom Meer zu verabschieden und ein paar Fotos zu machen. In der Nacht regnet es sich so richtig ein.

Vor mir liegen noch 1300 km. Ich werde sie mautfrei via „Route Expresse“ von Bordeaux nach Mulhouse zurücklegen. Nun kenne ich die Route. Dank der netten Lkw-Fahrer die ich bei der Hinfahrt vor einigen Monaten auf einem Rastplatz getroffen hatte.
Ich kehre dem Atlantik früh am Morgen den Rücken.
Geplant sind täglich knapp 300km.
Ich übernachte in kleinen Orten auf kleinen Stellplätzen. Einmal stehe ich mitten auf dem Dorfplatz ganz alleine.
Meine Stationen sind Touvre, Chamblet und Dôle.
In Dôle gönne ich mir – wieder im strömenden Regen – einen Campingplatz. Er ist die letzte Station in Frankreich. Bei einem Spaziergang am Fluss rufe ich meinen Sohn an. Wir verabreden uns. Ich werde ihn besuchen, bevor ich nach Würzburg zu meiner Tochter fahre. Ich habe Gummistiefel an und alles was ich an Bekleidung habe übereinander.
Welcome to Germany.
Am kommenden Tag fahre ich gegen Mittag weiter Richtung Deutschland.
Als ich über die Grenze fahre, überkommen mich gemischte Gefühle.
Es ist so viel geschehen. Ich spüre, ich bin nicht mehr die gleiche.
Das ist gut. Leben ist ständiger Wandel.
In Deutschland fahre ich stundelang im strömenden Regen auf der Autobahn. Es ist anstrengend.
In meiner App finde ich keinen geeigneten Platz zum Übernachten. Es nervt. Als ich schließlich bei Bad Schönborn abfahre, bekomme ich auf dem dortigen Stellplatz den allerletzten. Mal wieder perfekt bestellt.
Wir sind noch 110 km von Frankfurt entfernt. Dort werde ich am kommenden Tag meinen Sohn treffen, bevor ich meine Reise beende.

Ein paar Tage später überrasche ich gemeinsam mit meinen Kindern meine Mutter.
An diesem Sonntag wäre Papa 80. geworden. Leider kann er nicht mit uns feiern.
Ich tauche plötzlich aus dem Nichts auf, als sie zusammen am Bahnsteig auf einen historischen Bahnbus warten.
Meine Mutter freut sich sehr und fällt mich um den Hals.
Die Überraschung ist geglückt.
Es hat sich gelohnt und wir sind alle glücklich, dass wir zusammen sein können.


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