Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 23

Vorfreude

Mein letzter Artikel ist tatsächlich über einen Monat her.
Ob „schon“ oder „erst“ kann ich nicht sagen.

Ursprünglich hatte ich mal vor alle zwei Wochen einen Beitrag hochzuladen. Nun stelle ich fest, dass es mir nicht möglich ist zu planen.
Seit ich vor über drei Monaten nach Kenia kam, ist viel geschehen und täglich geschieht mehr.
Ich verstehe immer besser, warum mich das Leben hierhergeführt hat.

Ich bekomme nichts mehr von dem mit, was auf globaler Ebene passiert. Nichts.
Ich muss aktiv danach suchen, wenn ich etwas wissen will.
Ich mache es selten. Es interessiert mich schlichtweg nicht.
Ich tue das, was mir am besten gefällt: Leben. Zu 100%.
Dieser Ort stellt auf sanfte Weise mein Leben auf den Kopf. Holt das Unterste nach oben.
Es ist gut.
Ich räume auf in mir. Der Rest ergibt sich von alleine.
Alles fällt an seinen Platz. Es fließt.
In Watamu scheint die Zeit in vielen Bereichen stehen geblieben zu sein.
Viele Menschen besitzen kein Handy, geschweige denn ein Smartphone.
Das Resultat ist, dass man gerne zusammen ist, redet, feiert, lacht, lebt.
Wenn man aus Deutschland kommt, kann das tatsächlich überraschend sein.
Einsamkeit gibt es hier nicht. Ich kann immer zu jeder Zeit irgendwo hingehen. Ich treffe jemanden mit dem ich mich unterhalten kann. Wenn ich will. Die Menschen sind anders. Offener. Herzlicher.
Wunderbar.

Vor Kurzem war ich in Gedi. Das ist eine Ruinenstadt in der Nähe.
Sehr gut erhalten. Blickt auf eine interessante Geschichte zurück.
Falls es dich interessiert, schau gerne bei Wikipedia nach den Gedi Ruins.

 

Das Gelände ist sehr weitläufig und bietet neben der Ruinenstadt eine Schmetterlingsstation und eine Schlangenaufzucht. Ein paar Eindrücke bekommst du auf den Fotos.

Ganz besonders putzig und lustig sind die Affen die dort leben und um Bananen betteln. Sie klettern an dir hoch, setzen sich auf deine Schulter und scheren sich nicht darum, ob du das möchtest oder nicht.

Die Führung ist interessant und lehrreich.
Neben historischen Daten erhalten wir auch Infos zu den landesüblichen Schlangen.
Harmlose und giftige.
Wir sehen eine grüne Mamba und eine Puffotter.
Beeindruckend.

Der Besuch liegt bereits ein paar Wochen zurück.
Ich wollte ihn trotzdem teilen.

Morgen werde ich meine erste Safari unternehmen.
Wir sind  zu dritt.
So habe ich es mir gewünscht. Eine kleine Gruppe.
Ich freue mich und bin sehr dankbar.

Für das nächste Jahr ist eine in der Masai Mara geplant. Das ist – wie man mir hier sagt – die Königsklasse.
Nun aber erst einmal Tsavo East.
Ich werde jetzt packen und dann auf einen Drink in eine Kibanda gehen.
Der nächste Artikel wird wieder ausführlicher.

Es ist einfach so viel los gerade, dass ich kaum zum schreiben komme. Umgezogen bin ich auch. Ich habe jetzt ein kleines, neues Studio mit einem wundervollen Pool vor der Türe.
Manchmal muss ich mich zwicken.
Doch. Ich bin wach. Es ist wahr.
Kein Traum.
Den lebe ich jetzt. Endlich.

 

Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 22

Malindi, Metallgiraffen und die Freude an den kleinen Dingen

Heute fahren wir nach Malindi.
Pünktlich um 9:00 Uhr holt mich A. ab. In Watamu sammeln wir L. ein und machen uns auf den Weg. Sie möchte ihr Visum verlängern und hinterher gehen wir shoppen.
Sagen wir es mal so: Wir haben beide eine mehr oder weniger lange Einkaufsliste. In Watamu ist die Auswahl etwas begrenzt und zusätzlich vieles teuer. Shoppen an sich ist hier etwas anders zu definieren als wir es kennen.
Die Fahrt dauert eine halbe Stunde. Es sind 25 km. Wir unterhalten uns und beobachten den Verkehr.
Dort angekommen erledigen wir zunächst die Formalitäten für das Visum. Alles klappt perfekt. Keine Wartezeit, keine Probleme, Pässe raus, Stempel rein. Erledigt.
Ein wenig überrascht wie unkompliziert alles lief befinden wir uns bereits wieder in Malindis Straßenverkehr, auf dem Weg zum Klamottenviertel.
Wie es heißt, habe ich vergessen.
Ich schaue aus dem Fenster. Draußen geht es gefühlt drunter und drüber.
A. ist ein guter Fahrer und kennt die Straßenregeln. Ich bin froh, dass ich nicht fahren muss. Ich habe kein Problem mit Linksverkehr und fahre auch in Jamaika gerne Auto.
Im Moment sitze ich lieber auf der Beifahrerseite.
Die Shops, Menschen, Geräusche, Gerüche, Eindrücke fliegen vorbei.
Der Ort ist lebendig, bunt und laut.
Die Reize und Energien überfluten mich und ich tauche ein.
Mittlerweile kann ich mich ganz gut abschirmen und bei mir bleiben wenn´s um mich herum wild wird.
Alles ist sehr intensiv und einnehmend. Die Menschen, der Verkehr, die verschiedenen Shops und Beschriftungen. Ich weiß gar nicht wohin ich zuerst schauen soll.
Im Augenwinkel sehe ich einen Mann auf Knien und Händen über die verkehrsreiche Straße robben. Er hat eine Plastikschale in der Hand. Vor ihm, hinter ihm, neben ihm rollen Autos, Tuktuks, Motorränder, LKWs vorbei. Alles bewegt sich schnell und wirkt, als sei es eingespielt. Sie gleiten haarscharf an dem Mann vorbei, berühren ihn nicht. Die Szene hat etwas Surreales. Wie er es auf dem Boden kriechend über die Straße schafft. Sein rechtes Bein ist missgebildet. Der Fuß ist verdreht und steht seitlich ab.
Soll ich ihm etwas in seinen Becher geben? Jepp, das möchte ich. Ich mache das nicht oft. Grundsätzlich kaufe ich den Menschen lieber etwas ab, um sie zu unterstützen. Manchmal gebe ich auch Geld.
Dies hier ist so ein Fall. A. wendet und ich reiche dem Mann einen Schein aus dem Fenster. Aussteigen kann ich nicht da er vor der Türe auf dem Boden liegt. Er ist verdreckt und trägt verlumpte Kleidung. Als ich ihm den Schein in die Hand drücke, lacht er mich an und ich sehe in seine Augen. Er freut und bedankt sich. Nun wird es mir unangenehm. Ich will kein Aufhebens. Wir fahren weiter und erreichen nach kurzer Zeit die Straße mit den Klamottenständen.

Ich sehe mich kurz um und merke, dass ich keine Lust auf Shoppen habe. Irgendwie lädt mich die Ecke gerade nicht zum Einkaufen ein. Egal. Wir vereinbaren mit A. uns in einer dreiviertel Stunde wieder zu treffen. Wir schlendern los. Während L. in den Klamotten der Stände nach T-Shirts für ihren Sohn wühlt sehe ich mich um und mache ein paar Fotos. Es ist alles Second Hand Ware. Mir ist das schon in Watamu aufgefallen. Als ich mir in einem Laden ein paar Kleider gekauft habe. Es gibt hier viele Second Hand Geschäfte.

Das Interessante daran ist, dass es sich hier ganz offenbar um Kleiderspenden aus Europa handelt. Ich habe mir die Etiketten bereits in dem Laden in Watamu angesehen. Nun weiß ich wenigstens wo die Sachen ankommen, die wir in Deutschland in die Altkleidersammlung oder den Container geben.
Ich bin ziemlich sicher, dass der ein oder andere bei der Regierung daran verdient bevor die Sachen hier landen. Ich vermute außerdem, dass die besten Teile auf ihrer Reise hierher bereits aussortiert wurden. Egal. Wenigstens gehören die Stände Kenianern und die verdienen damit Geld. Bin gespannt, ob mir irgendwann mal eines meiner ehemaligen Lieblingsstücke hier zum Kauf angeboten wird. Wundern würde ich mich nicht.

Einer der Stände bietet Sandalen an, die aus alten Autoreifen per Hand gefertigt wurden. Die finde ich toll. Da ich nicht in Kauflaune bin und außerdem keine Lust habe einen Mzungu-Preis zu zahlen (mzungu=Weißer), lasse ich es sein und mache nur Fotos davon.

Ich frage auch einen der Bodafahrer der am Lenker seines Motorrads einen Regenschirm befestigt hat, ob ich ihn fotografieren darf. Er stimmt zu.
So macht man das in Kenia, wenn es regnet. Hat man außerdem kein Schutzblech, drapiert man eben einen Plastiksack vorne herum. Geht auch. Der Fahrer möchte für das Foto bezahlt werden. Ich gebe ihm 100 Schilling.
A. kommt und wir fahren zur nächsten Station: Einer Art Haushaltswarengeschäft. Mich erinnert es an die China-Läden in Südspanien. Nur halt auf afrikanisch.
Wir finden einiges und der Platz im Kofferraum schrumpft.
Letzte Station ist der in Kenia bekannte Supermarkt „Nivas“.
Bereits nach 4 Wochen Watamu empfinde ich beim Schlendern vorbei an den Kühlregalen und der Bäckereiabteilung ein Schlaraffenlandgefühl.
So schnell geht das. Ich muss grinsen und decke mich ein.
Ich denke unwillkührlich an die monatlichen Einkaufstouren Anfang der 90er Jahre in Kingstons Supermärkte. Das war ähnlich.
Wir sind über eine Stunde da drin.
Danach beschließen wir, nach Hause zu fahren.
Im Nachhinein hätte ich es schön gefunden die Tour mit einem entspannten Mittagessen abzuschließen.
Das werden wir beim nächsten Mal auf jeden Fall tun.

Um Malindi zu verlassen, müssen wir durch eine Art Kreisverkehr. Jeder scheint so zu fahren, wie es für ihn persönlich am kürzesten ist.
In der Mitte befinden sich auf einer bepflanzten Insel (oder so ähnlich) die Big Five Afrikas: Löwe, Nashorn, Büffel, Leopard und Elefant. Eine Giraffe und ein paar Zebras in Lebensgröße stehen dazwischen.
Alle aus zusammengeschweißten Metallstücken.
Ich schaffe es nicht rechtzeitig brauchbare Fotos zu machen und werde das nachholen.
Ein paar Meter weiter werden wir entschädigt.
Am Straßenrand sehen wir einen Elefanten, ein Nashorn und eine Giraffe stehen. Sie werden gerade lackiert.
Daneben werden wunderschöne, farbig lackierte Metalltore angeboten.
Sollte ich einmal ein Grundstück in Kenia besitzen, werde ich so ein Tor kaufen.
Wieder bin ich von der Freundlichkeit und dem Humor der Menschen berührt. Argwohn, Misstrauen und schlechte Laune scheint hier niemand zu kennen. Wir unterhalten uns mit den Handwerkern und Künstlern. Es ist witzig, herzlich und bereichernd. Einfach nur schön.

Mit diesen Eindrücken fahren wir zurück.
Zuhause packe ich meine Schätze aus und freue mich ein zweites Mal.
Dinge die noch vor 4 Wochen selbstverständlich waren, werden wieder zu etwas Besonderem.
Ich bin sehr dankbar dafür und vermisse nichts.
Ganz im Gegenteil.
Ich gewinne gerade so vieles. Andauernd.
Was für ein Glück, dass ich das erleben darf.

Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 21

Karibu Kenya

Ich sitze auf meiner Dachterrasse und lausche dem Rauschen des Windes in den Palmen.

Von Weitem kann ich den Indischen Ozean hören. Ich habe eine Jogginghose angezogen. Es ist etwas kühl heute.
Wir haben Winter und es ist Regenzeit. Nur 26 Grad.
Ich bin in Kenia.

Als ich vor ein paar Wochen in Mombasa aus dem Flughafengebäude kam war mein erstes Gefühl, „oh, ähnlich wie Jamaika!“.
Stimmt nicht!                                                

Das hier ist Afrika.

Mit allem was man sich darunter vorstellt: Frauen die Eimer, Holz oder sonst irgendein Bündel auf dem Kopf balancieren, ihr Baby dabei in einem Tuch auf den Rücken gebunden, eingehüllt in bedruckte, farbenfrohe Stoffe, Häuser in traditionell afrikanischer Bauweise, bunte Tuktuks auf der Straße, Motorräder (bodas) auf denen man auch zu viert fährt (ohne Helm versteht sich) und wenn es regnet einen Schirm am Lenker befestigt, Muslima, die ihr Haar oder Gesicht verhüllen, Masai in ihren traditionellen Gewändern mit riesigen Löchern in den Ohrläppchen, Feuerstellen vor den Häusern auf denen gekocht wird, Ziegenherden & farbenfrohe Shops und Stände.

Ich wohne etwas außerhalb. Mitten im Grünen in Turtle Bay, direkt am Prawns Lake. Auf dem Weg komme ich an einer Moschee vorbei. Jeden Morgen um 5:00 Uhr weckt mich der Ruf zum Gebet der von dort zu mir herüberschallt. Christen und Muslime leben hier friedlich und selbstverständlich zusammen. Ganz normal und unaufgeregt. Die Kenianer machen es uns vor.

Ich bin jeden Tag aufs Neue von der Freundlichkeit und Fürsorge der Menschen hier überwältigt. Egal wo ich hingehe grüßt man mich, ruft man mir „Jambo“ und „Karibu“ zu. Ohne dass man mir etwas verkaufen will. Die Verkehrssprache ist Swahili, Amtssprache Englisch. An den Dialekt darf ich mich allerdings noch gewöhnen.


Ich lebe in Watamu. Einem kleinen Ort direkt am Meer. Er ist bekannt für die Freundlichkeit der Menschen. Übersetzt bedeutet Watamu so viel wie „sweet people“. Das hat mir vor ein paar Tagen L. erzählt. Wie passend.

Ich bin dankbar hierher geführt worden zu sein.
Kenia ist groß, Watamu klein und ein ganz besonderer Ort.

Ich glaube, ich hatte sogar – trotz meiner vielen Reisen – in den ersten Tagen eine Art leichten Kulturschock. Habe ich doch die letzten Jahre vorrangig in Europa verbracht. Die letzten 9 Monate davon in Deutschland.
Als ich von dort wegging sehnte ich mich nach Einfachheit und Ruhe. Weniger Reizen, weniger Auswahl, weniger Technologie, weniger Informationen, weniger sensationsheischenden Nachrichten, einfach weniger von allem.
Das habe ich hier.

Vieles was mich in Deutschland bewegt hat, relativiert sich jetzt.
Ich bin sehr glücklich darüber dem erst einmal entkommen zu sein.
Für mein Empfinden gibt es in Deutschland von allem zu viel Zuviel.
Überall.
Angefangen von den Nachrichten, den Medien, der Reizüberflutung, dem Angebot im Supermarkt, den pausenlos proklamierten Problemen und Krisen. Irgendwie alles. Die Abgeschiedenheit und Einfachheit sind Balsam für mich. Ich bin wieder ganz nah dran. Im Moment. Im vielgepriesenen Hier & Jetzt. Endlich.

Gestern sah ich die Nachbarkinder spielen. Mit einem aus Holzstöcken gebauten Laster. Bis ins kleinste Detail nachgebaut. Das letzte Mal habe ich so etwas vor über 20 Jahren in Jamaika gesehen. Es berührt mich.

Die Auswahl an Lebensmitteln ist beschränkt, aber es gibt reichlich.
Das meiste kaufe ich bei einer der Frauen welche überall Obst und Gemüse verkaufen. Zu sehr günstigen Preisen. Frische Avocados Tomaten, Kohl, Zwiebeln, Ananas, Bananen, Passionsfrüchte, Orangen, Melone. Der Supermarkt ist 1/10 so groß wie ein deutscher Aldi. Was für ein Segen.
Man kauft, was es gibt und das ist reichhaltig und gut.

Ich brauche vieles nicht.
Bereits in Deutschland habe ich meinen Besitz aufs Wesentliche reduziert. Alles passt in einen kleinen Transporter. Weniger ist mehr. Jedes Teil, dass ich weggegeben habe, bedeutet ein Stück mehr Freiheit.

Was mir besonders auffällt ist das große Vertrauen der Menschen ins Leben und ihre Präsenz im Moment.
Sicherheit und übertriebene Kontrolle scheint man hier nicht zu kennen. Wenn vier Leute auf einem Motorrad ohne Helm fahren oder eine Ziege auf die Straße rennt kann natürlich etwas passieren. Muss aber nicht.
Ich habe nicht die Absicht zu raten zu viert auf dem Motorrad zu fahren.  Das darf jeder selbst entscheiden. Vielmehr bestätigt es mir sehr deutlich was ich sowieso schon lange wahrne
hme.
Wenn ich in dem Zusammenhang an Deutschland denke, frage ich mich:
Ist weniger nicht auch hier manchmal mehr?
Ich möchte die Armut vieler Menschen hier sicher nicht kleinreden.

Glücklicher scheinen die Menschen in Deutschland auf Grund ihres Wohlstands trotzdem nicht zu sein. Ganz im Gegenteil. Andauernd macht man sich Sorgen und hat Angst vor allem Möglichen. Lässt sich von jeder neuen Schreckensnachricht verunsichern. Man strebt nach Sicherheit und Absicherung. Hat den Fokus auf der – für mein Empfinden – eher unförderlichen Seite. Anstatt auf dem was man hat und was gut läuft eher auf dem was man nicht hat oder was – schlimmer noch – passieren und einem schaden könnte.

Schon schräg. Spätestens seit dem Zweispaltexperiment der Quantenphysik sollte eigentlich bekannt sein wie das so mit der Energie läuft. Sie folgt bekanntlich der Aufmerksamkeit. Oder nicht? Schaffe ich mir denn nicht meine Welt und Realität selbst durch das mit dem ich mich befasse? Worauf mein gedanklicher und emotionaler Fokus liegt, sprich, woran ich denke und was ich fühle? Wie war das nochmal mit dem Gesetz der Anziehung?

Ich schweife ab.
Wo war ich gleich stehengeblieben? Ach ja: Sicherheit.
Gibt es die überhaupt?

Ich glaube, dass es mehr Sinn macht den Moment zu genießen und dankbar zu sein für das was man gerade hat, anstatt sich andauernd darüber Sorgen zu machen, was passieren könnte oder sich damit zu beschäftigen was man tun kann, damit es nicht eintritt?
Ich schweife wieder ab. Ich wollte ja von Watamu berichten.

Ich merke wie viel leichter es mir hier fällt meinen Fokus auf die positiven Dinge zu legen.
Ich habe so ein Glück.

Da ich vier Tag die Woche arbeite, ist meine Zeit gut ausgefüllt.
Ich arbeite remote. Ortsunabhängig. Ich brauche einen Computer und WLAN. Mehr nicht. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit. Die Arbeit ist manchmal herausfordernd, aber macht Spaß. Ich lerne viel und wachse daran.

Es war die richtige Entscheidung alles aufzuhören und loszulassen was ich in den letzten Jahren getan habe.
Ob mir die Sicherheit fehlt?
Welche Sicherheit nochmal genau?
Nein. Tut sie nicht. Es hat sie eh nie gegeben.
Das was ich durch das Loslassen gewinne ist viel mehr wert. Es ist mit Worten nicht zu beschreiben was mir das Leben täglich schenkt und schickt.
Es kommuniziert mit mir und lehrt mich pausenlos. Ich bin auf meinem Weg. Meiner (Helden)Reise. Und die ist wundervoll und bunt.
Demnächst werde ich auf Safari gehen. Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie das sein wird, wenn ich Giraffen, Elefanten und vielleicht sogar Löwen und Nashörner in freier Wildbahn treffe.
In meinem Garten leben Affen, Eulen, kleine Echsen und jede Menge Vögel.
Auf die großen Tiere bin ich mehr als gespannt.
Ich werde berichten.
Das Leben ist wunderbar. Danke.

 


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Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 20

8 Tage – 8 Orte und nichts als Regen

Mittlerweile sind  einige Wochen vergangen. Ich sitze neben meinem Kaminfeuer am Rechner. Emma hält Winterschlaf in der Scheune. Die Rauhnächte sind vorbei, meine Ausrichtung für 2023 klar. Bevor ich meine Energie komplett darauf richten kann, möchte ich die letzte Reise auch hier zu Ende bringen.
Insgesamt haben Emma und ich 10.000 km gemeinsam zurückgelegt.
Die Erlebnisse sind unzählbar, die Zeit unbezahlbar.  
Abenteuer, Geschenk, Bereicherung und Transformation auf allen Ebenen.
Oft bin ich mit meinen Gedanken bereits beim nächsten Trip. Vor mir liegt allerdings noch der Winter, den ich im Süden Deutschlands verbringe.
Meinen bisherigen Wohnort habe ich verlassen.

Zurück zu den letzten Tagen on Tour.
Nach zwei Übernachtungen in Ds gemütlichem Holzhäuschen, breche ich mit Emma auf.
Wir machen zunächst einen Stopp in Astorga. Wenn ich schon hier bin, möchte ich auch Ds. Outdoorladen besuchen. Als ich eintreffe, ist sie sehr beschäftigt. Sie hat Kundschaft. Die Pilger brauchen Utensilien für die weitere Reise nach Santiago de Compostela. Bis dorthin sind es noch 250km. Ich freue mich, dass der Laden läuft.
Da ich Abschiede nicht mag, umarmen wir uns, ich streichle Lucky und gehe.
Ich mache mich auf die Reise nach Burgos, meinem vorletzten Ziel in Spanien.
Die Straße führt ein Stück am Jakobsweg entlang.
Diesmal kommen mir die Pilger entgegen. So reist jeder auf seine eigen Weise zu sich selbst.
In Burgos übernachte ich auf einem Campingplatz. Nachts wird es mittlerweile kühl. Ich werfe zum ersten Mal Emmas Heizung an.
Am nächsten Tag erreiche ich San Sebastian am Nachmittag. Ich finde keinen geeigneten Stellplatz. Der einzige in der Stadt ist komplett überfüllt.
Was nun?
Ich suche in meiner App eine Alternative und verlasse die Stadt. Es geht in Kurven bergauf. Hier oben ist kein Mensch. Nicht einmal Autos kommen mir entgegen. Nach einer Stunde erreiche ich einen einsamen Parkplatz oberhalb des Meeres. Die Aussicht ist atemberaubend. Es ist sehr windig und kühl. Außer mir stehen zwei weitere Mobile dort. Ich fühle mich nicht wohl und habe keine Lust die Nacht im stürmischen Regen irgendwo in der Einöde zu verbringen. Ich bin leicht genervt.
Was jetzt?
Ich drehe um und fahre die Strecke wieder zurück. Eine weitere Stunde vergeht. Mittlerweile ist es fast dunkel. Ich bin müde und habe Hunger. Kurzerhand stelle ich mich auf einen öffentlichen Parkplatz. Es regnet ununterbrochen. Ein schnelles Essen und ab ins Bett.
Am nächsten Morgen breche ich vor 7:00 Uhr auf. Es regnet nach wie vor wie aus Eimern. Fast scheint es, als ob ich so schnell wie möglich nach Deutschland zu meiner Familie kommen soll.
Eigentlich wollte ich noch ein paar Tage an der französischen Atlantikküste bleiben. Bei dem Wetter macht das aber weder Spaß noch Sinn.
Gegen 8:00 Uhr überquere ich die Grenze nach Frankreich. Es schüttet.
Ich biege ab zum französischen Lidl und decke mich mit dem ein, was die Franzosen so kaufen. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal einen Discounter feiern würde.
Mittlerweile bin ich genervt vom Wetter. Ich mache mich trotzdem auf den Weg zur Küste.
Das letzte Mal war ich 2006 in dieser Ecke. Damals mit meinem Sohn und einem Zelt.
Ich finde einen Stellplatz an der Plage de Contis. Die Fahrt dorthin scheint endlos. Die typischen kleinen französischen Landstraßen die mich schon auf meiner Fahrt nach Spanien an den Rand meiner Geduld gebracht hatten, tun das auch diesmal.
Der Stellplatz ist nah am Meer und ich bekomme eine kurze Regenpause.

Gerade genug um mich vom Meer zu verabschieden und ein paar Fotos zu machen. In der Nacht regnet es sich so richtig ein.

Vor mir liegen noch 1300 km. Ich werde sie mautfrei via „Route Expresse“ von Bordeaux nach Mulhouse zurücklegen. Nun kenne ich die Route. Dank der netten Lkw-Fahrer die ich bei der Hinfahrt vor einigen Monaten auf einem Rastplatz getroffen hatte.
Ich kehre dem Atlantik früh am Morgen den Rücken.
Geplant sind täglich knapp 300km.
Ich übernachte in kleinen Orten auf kleinen Stellplätzen. Einmal stehe ich mitten auf dem Dorfplatz ganz alleine.
Meine Stationen sind Touvre, Chamblet und Dôle.
In Dôle gönne ich mir – wieder im strömenden Regen – einen Campingplatz. Er ist die letzte Station in Frankreich. Bei einem Spaziergang am Fluss rufe ich meinen Sohn an. Wir verabreden uns. Ich werde ihn besuchen, bevor ich nach Würzburg zu meiner Tochter fahre. Ich habe Gummistiefel an und alles was ich an Bekleidung habe übereinander.
Welcome to Germany.
Am kommenden Tag fahre ich gegen Mittag weiter Richtung Deutschland.
Als ich über die Grenze fahre, überkommen mich gemischte Gefühle.
Es ist so viel geschehen. Ich spüre, ich bin nicht mehr die gleiche.
Das ist gut. Leben ist ständiger Wandel.
In Deutschland fahre ich stundelang im strömenden Regen auf der Autobahn. Es ist anstrengend.
In meiner App finde ich keinen geeigneten Platz zum Übernachten. Es nervt. Als ich schließlich bei Bad Schönborn abfahre, bekomme ich auf dem dortigen Stellplatz den allerletzten. Mal wieder perfekt bestellt.
Wir sind noch 110 km von Frankfurt entfernt. Dort werde ich am kommenden Tag meinen Sohn treffen, bevor ich meine Reise beende.

Ein paar Tage später überrasche ich gemeinsam mit meinen Kindern meine Mutter.
An diesem Sonntag wäre Papa 80. geworden. Leider kann er nicht mit uns feiern.
Ich tauche plötzlich aus dem Nichts auf, als sie zusammen am Bahnsteig auf einen historischen Bahnbus warten.
Meine Mutter freut sich sehr und fällt mich um den Hals.
Die Überraschung ist geglückt.
Es hat sich gelohnt und wir sind alle glücklich, dass wir zusammen sein können.


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Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 19

Auf dem Jakobsweg –
Hightech-Pilgern mit Smartphone & E-Bike

Die Zeit bei D. fliegt. Ich bleibe zwei Tage und Nächte.
Wir tauchen ordentlich in die Vergangenheit ein.
Verrückt. Wir kennen uns seit 40 Jahren und wissen so gut wie nichts voneinander. Wir quatschen pausenlos. Es gibt einiges aufzuholen.
Das Leben führt die passenden Menschen auf fast magische Weise zusammen. Es könnte nicht besser getimed sein.
Dass etwas Großes und Veränderndes auf die Menschheit zu kommt ist deutlich spürbar.             
Wer das nicht wahrnimmt, sollte sich unbedingt die Zeit nehmen und genauer hinsehen.
Ich freue mich darauf und bin dankbar und glücklich diesen Weg in Begleitung gleichgesinnter und  lieber Menschen gehen zu dürfen.

D. schlägt vor, dass wir nach Matavenero fahren.
Dort hat sie Anfang der 90er Jahre 8 Jahre verbracht. Auch ihre Tochter wurde dort geboren.
Wenn man Matavenero in eine Suchmaschine eingibt, erscheint eine Vielzahl an Ergebnissen. Von „Ökodorf“ bis „Aussteigersiedlung“ und „internationales Wiederbesiedlungs-Gemeinschaftsdorf“ ist so einiges dabei.
1989 wurde dieses verlassene Bergdorf von Aussteigern und Hippies bezogen. D. kam Anfang der 90er dazu.
Ob ich Lust habe dorthin zu fahren. Dort ist heute Fiesta.
Na klar habe ich Lust!

Der Weg führt entlang des Jakobswegs. Da wollte ich schon lange mal hin.
Meine romantischen Vorstellungen vom einsamen Pilger, der sich asketisch lebend, alleine auf die Reise zu sich selbst begibt, wird beim Anblick der Scharen von Menschen in Multifunktionsbekleidung und Smartphone in der Hand ziemlich erschüttert.   Wir sehen sogar Pilger auf E-Bikes. Manchmal fahren auch Busse den Weg entlang, erzählt mir D..
Als ich vor 20 Jahren Paolo Coelhos Buch „Auf dem Jakobsweg“ las, war ich fasziniert von der Idee diesen Weg eines Tages zu laufen.
Die Vorstellung alleine unterwegs zu sein, nachts unter freiem Himmel zu schlafen und ausschließlich auf mich gestellt zu sein, rief ein Gefühl von Abenteuer und Freiheit in mir hervor.
Beim Anblick dieser Gruppenwanderung bin ich schlagartig ernüchtert.
Wenn ich das meinem Sohn erzähle, wird er enttäuscht sein. Ich weiß, dass auf der Liste der Dinge die er im Leben unbedingt tun möchte, eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg steht.
Die Zeiten ändern sich.

Wir biegen von der Hauptstraße ab und fahren ein Stück Piste. D. erzählt mir von den Anfangsjahren in Matavenero. Wie es dazu kam, dass diese Gruppe von Hippies und Aussteigern die damals in Portugal lebte überhaupt auf die Idee kam, sich in diesem verlassenen Bergdorf niederzulassen.

Ohne Straße, ohne Strom, ohne fließendes Wasser, ohne Einkaufsmöglichkeiten, ohne jegliche Versorgung.
Aussteigen aus dem System. Ohne Kompromisse.
Wie mutig.

Wir stellen das Auto ab. Es geht zu Fuß weiter. Man kann das Dorf ausschließlich über einen schmalen Steinweg erreichen. D. berichtet, wie sie mit Pferden und Lastgestellen jedes einzelne Stück auf diesem Steinpfad ins Dorf transportierte.
In der Anfangszeit lebten hier 100 Erwachsene und 50 Kinder. Es gab eine Freilernschule, Lehrer, Handwerker.
Alles wurde per Hand selbst geschaffen und gemeinsam entschieden.

Ich bin fasziniert von ihrer Geschichte.
Sie war damals 20 Jahre alt. Anfangs lebte sie in einer Jurte, die später mit Holzbrettern verstärkt und noch später in ein Haus umgewandelt wurde.
Wir werden es noch sehen (Foto: Kleines, rundes Haus mit Spitzdach).
Dort kam ihre Tochter zur Welt. Die Geburt verlief problemlos. Das war wohl nicht immer so.
Ich lebte zu der Zeit in Jamaika. Auch ich hatte immer Kerzen, eine Kerosinlampe und ein paar Flaschen Wasser vorrätig.
Der Strom fiel mindestens ein Mal am Tag aus und folglich auch die Wasserversorgung. Mein Sohn kam 1994 im Public Hospital in Port Antonio zur Welt. Ohne Arzt, ohne Hygienevorsorge, ohne Bettwäsche.
Bis heute dachte ich, das sei mutig gewesen. Bis heute.

Wir erreichen das Dorf und können von Weitem Musik hören. Jemand spielt Geige und ich erkenne Trommeln. Es ist Sonntag und die Fiesta neigt sich bereits dem Ende. Vor einem Haus sitzen einige Leute und singen. Andere musizieren, manche tanzen dazu.
Wir werden liebevoll und freudig begrüßt. Es ist toll.
Ich kann den Spirit der Gemeinschaft fühlen. Auch wenn die Häuser mittlerweile Solarpaneele besitzen und es ein Wassersystem gibt, nehme ich ganz deutlich den Geist von damals wahr. Anfang der 80er Jahre habe ich eine Zeitlang in der West-Berliner Hausbesetzerszene gelebt.
Das Gefühl damals war ähnlich. Wir waren Pioniere. Wir lebten unsere Ideale. Anders als ein Großteil der Menschen.
Was ist daraus  nur geworden?

Was für ein Geschenk, dass ich all dies erleben durfte.
Wir laufen durch das Dorf. D. trifft immer wieder jemanden den sie von damals kennt. Wir kehren im Chiringuito des Dorfes ein um einen Tee zu trinken. Es ist verrückt. Ich kenne den Besitzer noch aus den 80er Jahren in Würzburg. Was für eine schöne Begegnung.
Wieder einmal schließt sich ein Kreis.
Wir sitzen, trinken Tee, essen Kekse und plaudern. Mitten in der Natur. Um uns herum nur Bäume, Felsen und ab und zu ein Haus. Es ist atemberaubend. Das Dorf liegt am Hang eines Tals. Es ist grün und still und herrlich.

Irgendwann machen uns auf den Rückweg zum Auto.
Der Aufstieg ist steinig und schmal. Oben angekommen laufen wir an einigen alten Wohnmobilen und verlassenen Autos vorbei, bevor wir in unser Auto steigen.
Dann fahren wir zurück. Wieder entlang des Jakobswegs.
Der hat seinen Zauber verloren.
Leben ist Veränderung. Alles ist ständig in Bewegung.

Es gibt andere Möglichkeiten zu sich selbst zu finden.
Meine Reise ist eine davon.
Überflüssig zu erwähnen, dass ich dankbar bin.
Bei D. angekommen holen wir zunächst ihren Hund Lucky ab. Er hat den Nachmittag bei einem von Ds. Freunden verbracht. Dieser Hund ist umwerfend. Ein ganz besonderes Wesen. Ich liebe alles an ihm.
Sein Wesen, seine Nase, seine Ohren.

Am Abend kochen wir. Nach dem Essen sitzen wir mit einer Flasche Rotwein am Kaminofen und reden.
Umringt werden wir von den Tieren. Einigen Katzen und Lucky. Es ist wundervoll.
Was für eine Reise.
Was für einzigartige Begegnungen und Erlebnisse.
Ich weiß, dass ich nicht mehr in mein Leben von vorher zurückkehren kann und will.
Das spielt im Moment keine Rolle.
Es wird sich alles finden und entwickeln.
Das weiß ich.
Morgen geht es weiter nach San Sebastian im Baskenland. Meine letzte Etappe in Spanien.
Danach will ich noch einmal an den Atlantik.
Ich möchte in Frankreich Abschied nehmen vom Meer. Nur für dieses Jahr versteht sich.
Ich mag keine Abschiede. Ich bin schlecht darin.
Ich sage “Auf Wiedersehen” zu D., den Katzen und Lucky.
Wir werden uns bald wieder sehen. Das weiß ich.

 


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Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 18

Auf dem Weg zurück Richtung Zukunft

Als ich Cádiz über die CA 36 verlasse, sehe ich links von mir die „Puente de la Constitución 1812“ (von den Spaniern Puente de la Pepa genannt) aus dem Meer ragen.
Ich werde emotional und fange an zu heulen. Nicht hemmungslos. Eher ein bisschen vor mich hin. Sei´s drum.

Es gibt Momente, da kann und will ich nicht rational sein. Dieser ist einer davon.
Ich spüre, dass wieder ein neuer Abschnitt meines Lebens ganz nah ist. Ich fahre gerade über die Schwelle.
Da darf schon mal geweint werden.

Für heute habe ich mir 200 km vorgenommen.
Ich will in El Real der la Jara übernachten. Der Ort ist klein, unbekannt und nichts Besonderes.

Es gibt dort einen kostenfreien Stellplatz mit guten Bewertungen. Eine Burg gibt´s auch. Das reicht. Mehr brauche ich nicht für eine Nacht.

Er befindet sich mitten im Dorf in einer Seitenstraße.
Ich finde ihn auf Anhieb und bin – wer hätte es gedacht – die Einzige. Es gibt Strom und Wasser umsonst.
Die Burg ist einen kurzen Spaziergang wert. Der Ausblick ist gut.

Neben Emma stehen 3 Feigenbäume an denen überreife Früchte hängen. Viele sind bereits heruntergefallen und zerplatzt.
Leider haben sie einen Befall, daher verzichte ich darauf sie zu pflücken und einzufrieren. Gefrorene Feigen in Soja- oder Kokosjoghurt. Die Empfehlung einer Freundin. Lecker.
Kurz vor neun fällt wie auf Knopfdruck eine Heerschar Vögel über die Früchte her. Sie machen einen Höllenlärm. Es ist richtig was los. Ich kann kaum telefonieren. Kurz bevor die Sonne untergeht verstummen alle gleichzeitig. Wie auf Kommando ist es still.
Beeindruckendes Spektakel.

Die Nacht verläuft ruhig. Nach einer kurzen Runde Yoga zwischen aufgeplatzten Feigen, fahren wir weiter. Heute steht Cáceres auf der Route. Wieder 200 km. 
Ich gönne mir einen Campingplatz, denn ich habe Lust auf Swimming Pool und eine geräumigere Dusche.
Ich liege gut zwei Stunden in der Sonne.
Das letzte Mal für dieses Jahr, wie mir gerade einfällt.

Auf dem Campingplatz hat jede Parzelle ein eigenes Badehäuschen mit Dusche, Toilette und Waschbecken.
Das kenne ich tatsächlich noch nicht.
Ich gehe frühzeitig schlafen, da ich am nächsten Tag Salamanca besuchen möchte.
In einer App finde ich einen zentral gelegenen Platz wo Wohnmobile inoffiziell stehen dürfen. Gleich daneben befindet sich ein Sportplatz mit einer Wiese. Perfekt zum Yoga üben.
Obwohl ich mittlerweile in Nordspanien bin ist es noch immer schön warm.

Salamanca ist beeindruckend. Kathedralen, Monumente, Paläste wohin man schaut.

Ich laufe umher, mache Fotos und beobachte die Menschen.
Am Plaza Mayor gehe ich in einer Seitenstraße in einem vegetarischen Restaurant essen.

Wieder einmal wird mir bewusst, wie gut ich es habe.
Unnötig zu sagen, wie dankbar ich bin.
Was für eine Reise.
In diesem Moment wird mir die Quintessenz meiner Reise klar. Die Erkenntnis ist ganz unspektakulär:
ES GEHT!
Ich kann genau so leben wie ich will.
Es gibt sie, die Freiheit und Unabhängigkeit die ich mir wünsche!

Ich weiß nun auch, wie es weitergehen wird.
Ich weiß wieder, was mich antreibt und wofür ich hier bin.
Ich trinke mein Bier aus, bezahle und schlendere langsam durch die Gassen der Stadt zu Emma zurück.
Ich bin glücklich.
Und wie.

Morgen fahre ich zu D. Sie wohnt in der Nähe von Astorga bei León. Wir kennen uns aus der Punkzeit. Aus den 80ern. Sie lebt seit 30 Jahren in Spanien. Ich freue mich auf sie.
Da D. einen Outdoorladen in der Nähe des Jakobswegs betreibt, fährt sie kurz nach meiner Ankunft für zwei Stunden dorthin. Es ist gerade Hochsaison. Jede Menge Pilger. Jede Menge Kunden. Ich habe Zeit anzukommen und mich ein bisschen auszuruhen.
D. lebt in einem kleinen Dorf in einem Holzhaus im Grünen.
Es ist sehr gemütlich.

Ich fühle mich wie aus einer Welt in die andere geworfen. Vor ein paar Tagen noch am Atlantik mit Wind und Sonne satt, dann El Real der la Jara, Cáceres, Salamanca. Jetzt mitten im Grünen zwischen Weiden mit Kühen und Pferden, Katzen und Hund.
Als D. vom Laden zurückkehrt, gehen wir ihre Pferde von der Weide holen und ein bisschen spazieren. Mit dabei ist Lucky ihr Hund. Ich verliebe mich ad hock in ihn.
Jetzt habe ich zwei Lieblingshunde.
Am Abend sitzen wir in eine Decke gehüllt mit einer Flasche Rotwein beim Essen und quatschen.
Es ist, als ob wir uns ewig kennen. Tun wir auch. Wie wunderbar.

Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 17

Conil, Cádiz, Abschied & Entscheidungen

Ich verbringe fast zwei Wochen in Conil.
Emma und ich stehen zunächst 4 Tage frei auf einem Parkplatz oberhalb der Playa de la Fontanilla – El Roqueo.

Der Platz ist fantastisch. Die Aussicht ist phänomenal, der Strand direkt vor meiner Haustüre. Ich liebe es.
Ich unternehme lange Spaziergänge am Meer.   
Einmal gehe ich abends nach Conil zum Essen und beobachte danach bei einem Eis das Treiben auf dem Plaza de Espana, bevor ich mich auf den Rückweg mache.
Im Dunkeln am Strand entlang zu laufen ist etwas Besonderes. Das Meer, der Mond, die Energie der Nacht. Magisch.
Ich bin ganz nah am Leben und spüre deutlich was mich wirklich glücklich macht.
Wie ich mein Leben haben will.
Ich habe eine Nomadenseele. Ich brauche das Gefühl absoluter Freiheit.
Ich will jederzeit entscheiden können wo ich leben möchte und es dann auch TUN.
Irgendwann werde ich vielleicht sesshaft. Im Moment nicht.

Der Minimalismus den ich bereits seit Jahren lebe macht sich bezahlt. Vieles habe ich bereits losgelassen.
Gegenstände verschenkt, verkauft, entsorgt. Trotzdem besitze ich noch immer zu viel. Es darf noch mehr gehen. Ich brauche es nicht. Für mich ist es Ballast. Ich werde den anstehenden Ortswechsel dazu nutzen noch mehr loszulassen.
Es ist erstaunlich wie ich mich und meine Bedürfnisse immer besser verstehe.
Meine Intuition ist glasklar. Sie ist mein Kompass und leitet mich. Ich pflege sie täglich.       
Auch das hat das Leben mich gelehrt.
Zeit nehmen für den Blick nach innen.
Meine Techniken sind Pranayamas, Yogaasanas und Meditation.
Diese Morgenroutine ist mir heilig.
Sie ist meine Basis. Mein Fundament. Aus ihr schöpfe ich. Täglich.
Wenn ich einen Tipp geben sollte, was man tun kann um zuversichtlich und ausgeglichen durch´s leben zu gehen, würde ich sagen: Nimm dir Zeit für dein Verhältnis zu dir.
Wenn du nur 10 Minuten hast, dann nimm dir 10 Minuten.
Fülle sie mit einer Routine, die dir guttut. Die dich erdet und verbindet. Ich übe jeden Morgen zwischen 30 und 60 Minuten. Je nachdem was möglich ist.
Diese Praxis bringt mich in die richtige Energie.
Solltest du dich fragen, was Pranayamas sind und welche sich anbieten, dann schau auf meinen (aktuell noch brach liegenden) YouTube Kanal. 
Dort findest du Anleitungen und Impulse.
Zur Erklärung: Pranayamas sind Energieaufladeübungen. Ich vermeide absichtlich das Wort „Atemtechnik“, denn es ist viel mehr. Dein Atem ist lediglich das Medium mit dem du die Energie aufnimmst und aktivierst (weitere Medien sind z. B. die Sonne und deine Nahrung).

Um die Sprachschule zu besuchen, ziehe ich wieder auf den Campingplatz „Los Eucaliptos“. Er ist nur knapp 15 Minuten Fußweg von der Schule entfernt.
Die Bäume sondern ihr Harz ab und ich putze wieder täglich Emmas Dach. Der kleine, dicke Spanier ist nicht mehr da und so kann ich dies unbeobachtet tun.

Der geplante Spanischkurs wird etwas abgespeckt, da alle Kurse voll belegt sind.
Ich fahre täglich gegen Mittag für 1 ½ Stunden in die Akademía zur „comunicacíon“.
Ich habe mehr oder weniger Privatunterricht. Außer mir nimmt nur Moritz aus Bremen teil. Es macht wie immer viel Spaß.

Wenn ich nicht in der Schule bin, verbringe ich viel Zeit mit L. und ihrem kleinen Sohn. Sie hat sich über den Winter eine Wohnung im Fischerviertel gemietet. Ich kann bei ihr Wäsche waschen und diese auf der Dachterrasse aufhängen.
Meerblick inklusive.

Mittlerweile habe ich auch die Entscheidung getroffen, wie es  weitergehen soll.
Da mein Vater am 9. Oktober seinen 80. Geburtstag feiern würde habe ich beschlossen den Tag mit meinen Kindern und meiner Mutter zu verbringen.
Sie weiß nicht, dass ich komme.
Am Telefon erzählt sie mir begeistert, dass ihre Enkel den Tag mit ihr verbringen wollen und sie sich überraschen lässt.
Sie mag Überraschungen. Ich auch.

Diese Entscheidung bedeutet für mich, dass ich den kommenden Winter in Deutschland verbringen werde.
Noch einmal kalte Füße also.
Was tut man nicht alles für die Familie.
Ein weiterer Aspekt ist, dass mir das Leben in den letzten Tagen eine unglaubliche Auswahl an Möglichkeiten vor die Füße gelegt hat. Ich kann gar nicht anders, als zugreifen.
Es ist ein Geschenk und ich nehme es dankbar an.
Ich spüre, dass meine Entscheidung richtig ist.
Ich bin bereit für einen Neustart auf allen Ebenen.
Ich freue mich darauf.

Ich beginne mit der Planung der Rückreise nach Deutschland. Ich will mir zwei Wochen Zeit dafür nehmen und ein paar Tage in der Nähe von León bei einer Freundin aus der Jugendzeit verbringen. Sie lebt seit vielen Jahren dort.
Es wird Zeit, dass ich die Hagebuttenmarmelade die sie sich gewünscht hat endlich abliefere.
Ich fahre sie seit Monaten mit Emma durch die Gegend.
Hiffenmark on Tour sozusagen.
Meine erste Station ist Cádiz. Ich stehe am selben Platz wo ich Ende Mai stand.

Es ist so schön, dass drei Tage daraus werden.
Ich verabschiede mich für dieses Jahr von Andalusien.

Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 16

Un paseo por Córdoba & das Wissen, alles tun zu können

Unfassbar wie die Zeit rennt. Es ist schon fast September.

In mir sind Ideen gereift, wie mein Leben kurz- und mittelfristig weitergehen darf.
Ich habe Lust auf Veränderung, einen Ortswechsel und bin voller Motivation. Ich weiß wieder was ich will und wie ich leben möchte.
Ich spiele Möglichkeiten im Geiste durch und fühle hinein, was wäre wenn.
Das ist großartig.
Was zunächst nur eine Ahnung war, konkretisiert sich mit jedem Tag mehr.
Es tun sich Möglichkeiten und Optionen auf.
Ich scheine sie in mein Leben zu ziehen. Es geschieht einfach und ich fühle, dass alles zum richtigen Zeitpunkt an seinen Platz fallen wird.
Es ist wirklich so. Ich weiß es einfach.
Ich denke an den letzten September zurück.
Ich war so krank, dass ich zwischenzeitlich nicht mehr sicher war, ob ich jemals wieder gesund werde.
Es war ein Alptraum.
Und jetzt?
Diese Reise war das Beste was ich tun konnte.
Ich ermutige jeden, der in sich den Wunsch verspürt einfach mal loszuziehen:
TU ES!
Mach es einfach. Kein “ja, aber” oder “wenn…dann”.
Keine Ausreden.
Ganz gleich was geschieht. Du kannst nur gewinnen.
Du wirst überrascht sein und manchmal vielleicht ein bisschen genervt von dir.
Am Ende findest du dich selbst.                 
Mit allen Ecken, Kanten, Eigenschaften und Merkwürdigkeiten die du in dir trägst.
Sie sind alle ok.
Ich mag meine Merkwürdigkeiten und ich lache gerne darüber.
Sie gehören zu mir.

Da ich mich in Conil verliebt habe spiele ich mit dem Gedanken, dort zu überwintern.
Ich habe eine weitere Woche Sprachkurs geplant. Dass ich hauptsächlich deutsch- und englischsprachige Freunde und Bekannte habe, hat mein Spanisch nicht verbessert.
In Conil werde ich auch L. und S. treffen. Ich habe beide im El Pueblo kennengelernt. Sie sind für den Winter nach Conil gezogen.

Nachdem ich Babu gesund und happy an sein Frauchen übergeben habe, überlege ich welche Route ich diesmal zum Atlantik nehme.   
Zunächst habe ich erst einmal Lust auf Stadtbesichtigung und ein bisschen Bummeln. Mein Freund T. hat mir Córdoba empfohlen,
Nach einem Abstecher im El Pueblo fahre ich dorthin.
Ich finde einen zentral und gut gelegenen Stellplatz. Er ist teuer, aber die Lage unschlagbar. Zehn Minuten zu Fuß zur Altstadt (Centro Historico), direkt neben einem Park wo ich abends auf der Wiese in der Sonne liege und morgens Yoga übe.
Die Stadt ist wunderschön. Ich liebe es dort herumzuspazieren.

Ich mag die engen Gassen und den andalusischen Stil. Außerdem ist es auch im September noch schön warm. Über 30 Grad.
Ich suche mir ein paar Sehenswürdigkeiten heraus und verteile sie auf den Nachmittag und nächsten Vormittag:

Die Mezquita – Catedral de Cordoba, den Alkázar des los Reyes Cristianos, los Jardines del Alkázar und die Puente Romana.

Die Kathedrale war zur Zeit der Mauren eine Moschee, was man in den Ansätzen noch sehen kann. Es ist mehr oder weniger eine riesige Gebetshalle. Sehr beeindruckend.

11,- Euro Eintritt sind meiner Ansicht nach doch übertrieben.
Für den Alkázar de los Reyes Cristianos muss ich 5,- Euro berappen.
Damit kann ich leben. Ich finde den Bau langweilig.

Der Garten dagegen gefällt mir gut.

Als ich am nächsten Tag durch das Judenviertel schlendere, entdecke ich die wunderschönen andalusischen Patios.

Die Bewohner haben sie für Besucher geöffnet. Man kann einfach hineingehen und eintauchen in die Pracht.

Ich unterhalte mich mit einer der Frauen dort. Sie war mit einem Deutschen verheiratet und erzählt mir, dass sie davon träumt, einmal alleine mit dem Wohnmobil zu verreisen, aber Angst hat es könnte etwas passieren.
Ich ermutige sie es unbedingt zu tun!
Sie sieht mich an und sagt: „Tienes razón! No pasa nada!“ (Du hast Recht. Es wird nichts passieren).
Ich hoffe für sie, dass sie sich selbst überwinden wird.
Ich erlebe es häufig, dass Menschen ihre Träume nicht verwirklichen, weil sie Angst haben es könnte etwas passieren.                     
Das Schlimmste was meines Erachtens passieren kann ist, dass man am Ende seines Lebens bereut die Dinge nicht getan zu haben.
Das stelle ich mir schrecklich vor.
Es gibt immer für alles eine Lösung. Sicherheit dagegen gibt es nicht.

Ich verlasse Córdoba am kommenden Mittag aufgefüllt mit schönen Eindrücken in Richtung Conil de la Frontera.
Ich bin gespannt, wie ich mich entscheiden werde.
Wohin meine weitere Reise mich führen wird.
Ich denke an meinen Vater.
Sein Tod hat familiär Vieles verändert.
Auch dies hat Einfluss auf die kommenden Monate.

Wir werden sehen….                                                                   

Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 15

Mein Lieblingshund

Ich schreibe diesen Artikel vor Emma sitzend in Conil de la Frontera am Atlantik.
Ich habe mich im Juni in diesen Ort verliebt und bin nun zurückgekehrt.
Es ist im September noch warm. Im Moment satte 27 Grad.
Der ideale Ort zum Überwintern.

Doch zunächst zurück zu Emmas repariertem Auspuff und meinem Hundesitterjob.
Ich hatte also wieder Glück und alles hat sich gefügt.
Diese Reise ist magisch und hat mich und mein Leben verändert.
Ich habe folgendes gelernt:
Wenn es mir gelingt, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen, werde ich mit “Flow” belohnt. Großartig. Bitte mehr davon!
Ich kann gar nicht genug dankbar sein.
Für die Herausforderungen, die Learnings und den Flow sowieso.
Ich durfte lernen, dass nichts ohne Grund geschieht. Jedes Ereignis und jede Begegnung hat eine Botschaft für mich un will mir etwas sagen..
Letztendlich schickt mir das Leben all die Prüfungen damit ich sie meistern  und daran wachsen kann.
Ich habe immer die Wahl.
Ich kann mich als Opfer fühlen, die Verantwortung (an das böse Leben) abgeben und mich damit selbst ent-mächtigen.
Oder aber ich kann die Prüfung annehmen, die Verantwortung übernehmen (denn nichts geschieht ohne Grund) und die Macht über mein Leben behalten.
Ich entscheide mich für die zweite Möglichkeit.
Seit ich das bewusst tue erlebe ich, dass mich das Leben unmittelbar belohnt.
Eine weitere, für mich sehr wichtige Erfahrung ist was geschieht, wenn ich mich meinen Ängsten stelle.
Ich halte dies für einen der wichtigsten Schritte bei der persönlichen Entwicklung.
Ich überwinde mich immer wieder selbst und erlange dadurch Vertrauen, innere Stabilität und Sicherheit.
Dies macht mich unabhängig und willenstark.
Nicht manipulierbar.
Ich wünsche allen Menschen von Herzen, sich auf diese Reise zu begeben.
Du kannst nur gewinnen.

Frohen Mutes mache ich mich also auf den Weg nach Puerto de Mazarrón zum Hundesitten.
Für mich ist es eine Premiere.
Ich bin sehr zuversichtlich, da Babu und ich uns bereits von meinem dreiwöchigen Aufenthalt im Juli kennen.
Er ist ein gutaussehender, großer, starker,  manchmal etwas ängstlicher Hund. Er liebt sein Frauchen M. über alles, ist gefräßig und jagt gerne Katzen und Hasen.
Ich bin gespannt wie er sich verhalten wird, wenn er bemerkt, dass Frauchen erst einmal weg ist.
Wird er arg trauern?
Wird er fressen?
Ich warte es einfach mal ab.
Ich komme wie geplant an.
Wir haben noch einen Tag für eine Einführung in Babus Fressgewohnheiten und diverse Warnungen und Erklärungen. Zwei Mal pro Tag Futter, zwei Mal pro Tag Gassi gehen, nicht von der Leine lassen, da schnell auf Hasenjagd oder mit dem Kopf in der nächsten Mülltonne.
Das kann ich mir merken. Ich hätte eh Bedenken, dass er abhaut und ihm etwas passiert.
Da Babu von seinem Vorbesitzer schlecht behandelt und eingesperrt wurde, geht er nicht in Häuser. Aktuell lebt er mit M. in einem angebauten Raum am Ferienhaus ihrer Eltern. Die Türe ist immer offen.
Da ich nicht möchte, dass er sich einsam fühlt, schlafe ich die ersten beiden Nächte in Ms. Bett.

Wir kommen sehr gut miteinander aus.
Am ersten Tag frisst er zwar sein Nachmittagsfutter nicht, aber nach zwei Tagen ist der Hunger stärker. Nach drei Tagen betritt er vorsichtig das Haus. Er sieht sich zwar immer wieder vorsichtig um, ob die Türe noch offen ist, aber er bleibt bei mir.
Ich bin überrascht und freue mich sehr.
Wir machen regelmäßig unsere Runden und ich traue mich bereits am dritten Tag ihn zum Spielen mit einigen Hunden von der Leine zu lassen. Spielen und toben geht nur so. Ich bin trotzdem sehr erleichtert, als er ohne Zwischenfälle zurückkommt und ich ihn wieder anleinen kann.
Alles in allem kommen wir hervorragend zurecht. Ich gewöhne mich schnell an ihn und schließe ihn in mein Herz.
Er ist definitiv mein Lieblingshund.

Abends gehe ich manchmal weg (mal mit einem befreundeten Schlagzeuger auf ein Rockkonzert, mal ein Eis essen und im Hafen sitzen), während er aufs Haus aufpasst und Katzen verjagt.
Die zehn Tage sind schnell vorbei und M. von ihrem Deutschlandurlaub zurück. Fast ein bisschen schade. Ich werde ihn vermissen.

Da ich bisher wenig Zeit für Kultur hatte, möchte ich nach Córdoba um mir dort einige Sehenswürdigkeiten anzusehen.
Ich mache mich zeitnah wieder mit Emma auf den Weg.

Mein Fazit: Ein Hund ist eine große Verantwortung und erinnert mich an die Zeit als meine Kinder klein waren.
Ich denke, ich werde das mit dem eigenen Hund auf später verschieben, wenn ich mal alt bin.
Das ist noch ein bisschen hin.

Reiseblog: Meine Heldenreise – Teil 14

Freundschaft, ein kleines Paradies & Frau unterm Auto

Ich bleibe drei Wochen. Dann treibt es mich weiter.
Ich möchte unbedingt noch Zeit mit meinem Freund T. verbringen.
Außer bei seinem kurzen Besuch zu Beginn meiner Reise, hatten wir noch keine Möglichkeit dazu. Da er Familie und einen Vollzeitjob hat, richte ich mich nach ihm.
Seine Eltern haben sich für Mitte August angemeldet. Somit ist jetzt der passende Zeitpunkt für meinen Besuch.
Da ich M. versprochen habe in der dritten Augustwoche 10 Tage auf ihren Hund aufzupassen, fügt sich alles perfekt.
Emma und ich machen uns wieder auf die Reise. Sie scheint es genau wie ich kaum erwarten zu können. Ihr Motor schnurrt freudig und beschwingt. Das höre ich. Wir sind zusammengewachsen in den letzten Monaten. Sie ist im Moment das Wichtigste für mich: Transport, Bett, Schutz, Zuflucht, Kühlschrank, alles.
Ein weiteres Mal durchquere ich das Plastikmeer der Region Almeria.
Ich nehme mir vor auf dem Rückweg eine andere Strecke zu fahren.
Ich will mir das nicht mehr ansehen.
Wir halten in Torrenueva für die Nacht.
Auch hier ist es im Moment sehr voll.
Gegen Abend habe ich Lust auf eine Abkühlung im Meer.
Ich kämpfe mich durch eine Wand aus Menschen unter Schirmen, auf Klappstühlen & Liegen, Kühltaschen und anderen Standkram.
Auch im Wasser ist es voll. Ich schwimme ein Stück zwischen Stand Up Paddlern, Gummibooten, Luftmatratzen, Ball spielenden Menschen.
Morgen werde ich vor 8:00 Uhr hier sein.
Als ich am nächsten Tag früh am Strand ankomme, präsentiert sich mir folgendes Bild:
In der ersten Reihe, direkt am Wasser, stehen in Reih und Glied verwaist und aneinandergereiht Schirme, Klappstühle, Liegen und anderer Strandkram. Menschen sind keine zu sehen.
Ich vermute, die werden später, zusammen mit den Kühltaschen auftauchen.
Interessant. Dieses Phänomen gibt es nicht nur mit Handtüchern auf Poolliegen. Offenbar ist es zudem nationalitätenunabhängig.
Ich gehe schwimmen. Es ist herrlich und ruhig
Ist ja außer dem Equipment noch keiner da.
Danach widme ich mich meiner Morgenroutine, trinke Kaffee und packe zusammen.
Eilig habe ich es nicht. T. kommt erst am Spätnachmittag von der Arbeit.
Ich habe genug Zeit in Algeciras einkaufen zu gehen. Wo der Lidl ist, weiß ich. War ja wegen der NIE schon einige Male hier.
Die Auffahrt zum Grundstück ist für Emma eine kleine Herausforderung.
Es befindet sich auf einem Berg, oberhalb der Stadt. Emma schnauft.
Das letzte Stück ich steil und ein Geröllweg, aber sie schafft es.
Ich freue mich sehr alle zu treffen und werde liebevoll und freundschaftlich empfangen.
Der Ort ist wunderschön. Es ist ruhig und grün. Ein kleines Paradies.
Ich wohne in einem Gästehäuschen neben dem Pool. Genial. Morgens besucht mich Joker der Kater und holt sich Streicheleinheiten ab.
Wir quatschen viel (T. und ich, nicht Joker) und tauschen uns aus.
Ich merke, wie wertvoll es ist echte, alte Freunde zu haben. Wir lachen über früher, unsere wilden Jahre, reden über dies und das. Dankbar.
Da beide arbeiten, bin ich tagsüber meist alleine. Die Kinder haben Ferien und gehen in ein Sportcamp. Ich genieße die Zeit, die Ruhe, den Pool.
Alles.
Das Haus liegt unterhalb eines Naturschutzgebietes, wo ich ab und zu laufen gehe. Mal mit den Stöcken, mal einfach nur spazieren.
Wenn ich fünf Minuten den Berg hinauf gehe, habe ich eine sensationelle Aussicht auf den Hafen von Algeciras und die Halbinsel Gibraltar.

Einmal mache ich morgens eine kleine Wanderung und erklimme den etwas zerfallenen, steinigen Wanderweg. Es gibt eine Geschichte dazu, wie ich auf einer Hinweistafel lesen kann.

Hier oben bin ich komplett alleine.
Ich schreibe viel. Für meinen Blog, für mich, meine berufliche Zukunft.
Ich denke nach, halte meine Erkenntnisse fest.
Ich durfte im letzten Jahr Vieles loslassen.
Lebensumstände, Jobs, berufliches Wirken, Einnahmequellen, Menschen, einen Teil meiner Haare, Freundschaften, die teilweise nie welche waren.
Manches kam ohne Vorwarnung, manches kündigte sich an.
Manches schmerzte, manches brachte Erleichterung.
Alles zusammen kündigte eine komplette Neuausrichtung meines Lebens an. Im Nachhinein weiß ich, warum die Dinge genau so geschehen sind und ich bin froh für diese Herausforderungen und Lektionen.
Ich wäre heute nicht da wo ich bin, hätte ich all dies nicht erfahren.
Jetzt, mit Abstand, erkenne ich, dass alles richtig und notwendig war.
Ich fühle, dass es das immer schon war. Dass die Dinge immer genau so geschehen, wie sie für mich richtig sind, damit ich mich weiter entwickeln kann und auf meinem Weg vorankomme.
Oft konnte ich das nicht sehen und habe gelitten.
Heute weiß ich, dass Schmerz der Antrieb für Veränderung und Erweiterung ist.
Who feels it, knows it.
Ich erkenne, dass das Leben ständig mit mir spricht und mir die Richtung weist.
Ich habe verstanden, dass das was ich erfahre, ein Spiegel meiner inneren Welt ist.
Eine Reflektion meiner Überzeugungen und Muster. Wie innen, so außen. Eigentlich nichts Neues.
Kognitiv war mir das schon lange klar.
Jetzt fühle und lebe ich es bewusst.
Ich habe in den letzten Monaten erfahren können wie es funktioniert, das Leben selbst zu gestalten. Ich erfahre täglich, dass Veränderungen erst in mir geschehen müssen, bevor sie sich im Außen manifestieren können.
Wichtig ist, dass ich die Verbindung nach oben (zur Schöpferquelle, zum Universum, zur göttlichen Quelle, zum höheren Selbst…wie nennst du es?) stets pflege und meinen Kanal reinhalte.
Mit liebevollen Gedanken, Worten, Taten. So einfach ist das.
Auch wenn es abgedroschen klingen mag: Dankbarkeit und Demut sind zwei der wichtigsten Schlüssel zu Glück und innerem Frieden.
Ich freue mich sehr hier sein zu können. Ich bin dankbar (da isses wieder) für die Gastfreundschaft und Großzügigkeit. Alles.
Ich mag den Austausch, die Gespräche, die gemeinsamen Essen mit der ganzen Familie.
Am Wochenende fahren wir gemeinsam nach Barbate oder Getares an den Strand. Ich kann ein bisschen Spanisch üben und werde von den Kindern gewissenhaft korrigiert.
Getares ist ein Strand in Algeciras. Man hat von dort einen tollen Blick auf Gibraltar.
Wir erwischen einen wunderschönen Strandsonntag. Das Wasser ist klar, türkisblau und sauber. Das ist nicht immer so, erfahre ich. Gibraltar hat keine Kläranlage und leitet laut T.  alle Abwässer ins Meer. Wenn die Strömung schlecht ist, kann man beim Baden im Meer auf Windelteile und andere Unappetitlichkeiten stoßen. Naja. Da habe ich ja mal wieder Glück gehabt. …und bin schon wieder dankbar.
Einmal fahre ich alleine nach Tarifa, fülle meine Gasflaschen auf und gehe am Strand essen. Mit Blick auf die Küste Afrikas. Verwöhnprogramm.
Da ich ab dem 20. auf Babu (den Hund) aufpassen möchte, verlasse ich meine Freunde am 15.
Ich fahre durch´s Landesinnere und plane einen Zwischenstopp im El Pueblo.
Bis dorthin sind es 190 km.
Ein Teil führt an der Costa del Sol entlang. Ab Málaga sind es noch ca. 100km ins Landesinnere Richtung Granada.
Kurz vor Marbella nimmt mir auf der Stadtautobahn ein Audi SUV die Vorfahrt und fährt einfach in die Autobahn ein.
Ich lege eine Vollbremsung hin, weiche aus und habe mal wieder Glück.
Es ist kein Fahrzeug auf der linken Spur.
Der Audi fährt weiter.
Ich atme das Adrenalin weg, beschleunige und….. es wird laut.
Der Auspuff. Das Geräusch kenne ich.
Zur Erklärung: Auf der Autovía del Mediterráneo sind in diesem Abschnitt 80 km/h erlaubt. Die einfahrenden Autos tun dies aus dem Stand.
Für diejenigen die noch die Mauer in Berlin live erlebt haben:
Es ist genauso wie damals im DDR-Transit mit den Trabis.
Ich fahre mit Warnblinke und 30km/h zur nächsten Ausfahrt, verlasse die Autovía und parke Emma im Schatten. Zum Glück finde ich gleich einen geeigneten Platz.
Dann krieche ich unter sie.
Meine Vermutung bestätigt sich: Der Auspuff ist direkt am Krümmer abgebrochen und hängt herunter auf die Straße.
Durch die Vollbremsung ist das längere Teil des Auspuffs (Emma ist 5,60m lang) aus einer Gummihalterung gerissen und wurde nach vorne gedrückt.
Die Wucht hat ihn dann aus dem Krümmer gerissen.
Na prima. Und jetzt?
Es ist der 15. August. Feiertag. Alle Werkstätten und Geschäfte haben zu. „Bleib ruhig und denke nach. Ärgern hilft nix!“, sage ich mir.
Ich rufe T. an und frage ihn, ob ich gefahrlos mit dem Auto weiterfahren kann, sofern ich den Auspuff nach oben binden bzw. fixieren kann.
Er bestätigt es mir.
Dann rufe ich F. vom El Pueblo an und frage ihn, ob er einen zuverlässigen Schrauber hat, der Schweißarbeiten verrichten kann.
Auch das bekomme ich bestätigt.
Ok. Nun fehlt nur noch ein geeigneter Draht.
Ich schließe Emma ab und mache mich auf den Weg.
„Bitte schick mir einen Draht! Ich will heute unbedingt ankommen!“
Im Hinterhof eines Hotels frage ich zwei Frauen erfolglos nach Draht.
Vielleicht ein Drahtkleiderbügel? Leider nicht.
Die eine ist so nett und geht mit mir in eine Art Abstellkammer hinter dem Hotel. Dort befinden sich Waschmaschinen, Matratzen und allerlei Gerümpel. Kein Draht. Kein Kleiderbügel. Lo siento.
Ich verabschiede mich.
Als ich mich umdrehe und zurück in den Hof laufe, fällt mein Blick auf den Boden, vor die Hauswand links des Raumes.
Da liegt er: 50 cm feinster, dicker, kerzengerader Draht.
Bestellt. Geliefert.
Es ist fast ein bisschen unheimlich.
Ich hebe den Draht auf, platze fast vor Dankbarkeit (…ist echt angebracht!) und verlasse grinsend den Hof.
Zurück bei Emma ziehe ich mein Sommerkleidchen aus, ein T-Shirt und eine kurze Hose an, fahre sie auf zwei kleine Auffahrblöcke, hole meine Rohrzange (mehr Werkzeug habe ich nicht) und krieche unters Auto.
Dort bleibe ich für ca. eine Stunde.
Ich kann mehrere Männer von unten beobachten die näher kommen, sich an die Autovía vor Emma stellen, den Verkehr beobachten (?!), ein wenig hin- und herlaufen, einen Blick auf Emma und die halbe Frau darunter werfen und dann weggehen.
Es fragt niemand, ob er mir helfen kann.
Darauf warte ich auch nicht.
Ich muss mal wieder an Jamaika denken. Damals fuhr ich in meinem Mini, gestylt, in der Hoteluniform zum Jamaica Palace Hotel wo ich als Reiseleiterin arbeitete. Ich knallte in ein Schlagloch und riss mir den Auspuff ab.
Innerhalb von fünf Minuten stand eine Gruppe von Männern um mein Auto herum und palaverte, was denn zu tun sei.
Letztendlich holte ich mir einen Draht, kroch unter den Mini (Minis liegen tief!) und fixierte den Auspuff. Bevor die Jungs zu Ende diskutiert hatten, war ich fertig. Das hat mir damals viel Respekt eingebracht.
Wie dem auch sei.
Nach einer Stunde ist das Werk vollbracht. Ich bin schwarz und ölig, aber happy.
Ich schaffe es ohne weitere Zwischenfälle ins El Pueblo.
Langsam und laut komme ich an.
Am nächsten Tag fahren F. und S. mit mir zu ihrem Schrauber.
Er schweißt den Auspuff, tauscht ein Blinkerlicht aus und Emma schnurrt wieder. 50,-.
Wunderbar.
DANKE.