Puerto de Mazarrón
Als ich nach einer entspannten Fahrt mit abschließendem Einkauf (drei Mal darfst du raten wo…) bei meiner Schulfreundin M. in Puerto de Mazarrón ankomme, ist es Nachmittag geworden.
Keine Ahnung wo die Zeit hingekommen ist. Ich habe letztens irgendwo gelesen, dass die 24 Stunden eines Tages mittlerweile gefühlt die Quantität von 18 Stunden. haben. Angeblich steht dies im Zusammenhang mit der Schumann Frequenz. Hierzu kann ich keine Aussage machen, da ich es nicht weiß. Aber ich nehme deutlich eine Art Beschleunigung der Zeit wahr. Und das kontinuierlich seit einigen Jahren.
Ich finde das Haus auf Anhieb. Es befindet sich ein einer Urbanización (=Wohngebiet) auf einem Hügel.
Die Aussicht aufs Meer ist sensationell. Ich liebe es sofort.
Wir begrüßen uns und ich lerne ihren Hund Babu kennen, mit dem ich zu einem späteren Zeitpunkt 10 Tage alleine verbringen werde. Das weiß ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht.
Während ich dies schreibe, liegt das Hundesitting schon wieder vier Tage zurück. Hatte ich erwähnt, dass die Zeit rast?
Ich beziehe mein Zimmer. Eigentlich ist es das ihres Vaters, der es mir für meinen Besuch zur Verfügung stellt. Ihre Eltern verbringen seit Jahren den Winter hier. Coole Sache.
Ich habe ein Bad für mich alleine. Ebenfalls coole Sache.
Ich bin super dankbar, dass ich hier die Möglichkeit bekomme dem Urlaubstrubel auf den spanischen Campingplätzen zu entkommen.
Die Gegend ist ebenfalls bis Anfang September voller Besucher, aber bei 36° C im klimatisierten Haus lebt es sich sehr viel angenehmer.
Wie angenehm, darf ich in den kommenden drei Wochen erfahren.
Hier am Berg weht meist zusätzlich ein leichter Wind und der Weg zum Strand ist kurz.
10 Minuten den Berg hinunter. Der Rückweg nervt ein bisschen, aber in diesem Fall kann man nicht alles haben.
Da mir zwei bis drei Stunden am Strand liegen absolut genügen, hält sich die Anstrengung in Grenzen. Ich gehe ab und zu vormittags hinunter, lese ein bisschen, hüpfe zum Abkühlen ins Meer was bei badewannenmäßigen Temperaturen relativ ist und liege danach noch eine Weile unter meinem Sonnenschirm herum.
Gegen Mittag wird es mir zu heiß.
Ich habe genug. Wenn ich oben ankomme, bin ich schweißgebadet und reif für eine Siesta. Meist schreibe ich ein wenig und sortiere meine Gedanken.
Die Frage, wie es in meinem Leben weitergehen soll ist präsent.
Was macht mir Freude?
Was will ich wirklich in die Welt bringen?
Wie geht es weiter?
Ich stelle fest, dass die Gefühle die bei diesen Fragen hochkommen anders sind als noch vor ein paar Wochen.
Ich habe keine Ängste mehr und weiß, dass alles zum richtigen Zeitpunkt zu mir kommen wird. Erstaunlich.
Allein schon deshalb hat sich diese Reise gelohnt.
Ich vertraue.
Auf mich, auf mein höheres Selbst, auf meinen Weg.
Ich spüre, dass ich auf dem richtigen Pfad bin. Ich bin im Flow. Gigantisch.
Dankbar.
Den Vollmond Mitte Juli erlebe ich sehr intensiv.
Die Energie der Veränderung ist stark spürbar.
In dieser Nacht sitze ich mit M. bis 1:00 Uhr im Chiringuito am Strand. Chiringuitos sind Strandbars die nur im Sommer aufgebaut werden. Kleine Häuschen mit Terrassen wo es günstige Getränke und ein paar Tapas gibt. Typisch spanische Sache. Ich mag diese Kultur.
Hier in Puerto de Mazarrón gibt es drei oder vier davon. Außerdem hat der Ort eine Strandpromenade (Paseo). Hier spielt sich abends und nachts das Leben ab. Überall Menschen.
Oft fahre ich mit dem Fahrrad zum Paseo, sitze auf einer Bank und beobachte das Treiben.
Der Ort ist kein klassischer Urlaubsort mit großen Hotels und Animation am Strand. Es ist anders als ich es von der Costa Brava kenne.
Viele Spanier, Briten und Deutsche haben Ferienhäuser oder -wohnungen hier, wo sie den Winter verbringen. Im Sommer stehen die Häuser entweder leer oder werden vermietet. Hauptsächlich an Spanier und Briten. Die sind nachts alle unterwegs. In den Restaurants, Bars, Eisdielen und kleinen Geschäften. Die gibt es hier noch. Das gefällt mir.
Ich habe keine einzige Filiale irgendeiner Unternehmenskette gesehen. Alles individuell und einzigartig. Toll.
Den ganzen Juli und August steppt hier der Bär. Es gibt Konzerte und überall Musik. Afrikanische Männer bieten Klamotten an, ihre Frauen flechten Zöpfe und farbige Strähnen in die Haare der Touristen. Oft baden bis zum Einbruch der Dunkelheit Menschen im Meer oder sitzen in ihren Klappstühlen am Stand. Der befindet sich direkt unterhalb des Paseo.
Ein Mal fahre ich mit M. nach La Azohía in ein Chiringuito zum Sonnenuntergang. Die Atmosphäre ist toll.
Eines Nachmittags werde ich fast von einem 3-türigen Hängeschrank in der Küche des Hauses erschlagen. Ich habe – wie immer – meinen Schutzengel neben mir. Es gehen zwar einige Kilo Glas zu Bruch, als der Schrank an einer Seite abrutscht und sich die Türe öffnet, aber er verkeilt sich dann zwischen Boiler und Wasserhahn, so dass ich den Nachbar zur Hilfe holen kann. Gemeinsam schaffen wir es den Rest des Geschirrs auszuräumen und das Schrankmonstrum auf den Boden zu bringen. Als ich die Schrauben sehe, mit denen er 20 Jahre lang an der Wand geblieben war, muss ich mal wieder an Jamaika denken. Erstaunlich, wie lange das gut ging. Es geht halt doch nichts über deutsche Handwerksarbeit. Grins.
Eintrag in meinem Reisetagebuch am 20.07.2022:
Seit einigen Tagen verändert sich etwas. Es bildet sich eine Art „liebevolle Struktur“ in mir. Ich stehe früh auf, übe Yoga und beginne den Tag mit einem anderen Gefühl. Ich schreibe mittlerweile einen Reiseblog, der scheinbar gut angenommen wird. Darüber freue ich mich ganz besonders. Das Buch „Der Schatzberg“ von Radu Cinamar kam genau zur richtigen Zeit zu mir. Ein weiterer Wink. Ich nehme wahr, dass sich in mir etwas zu formieren beginnt, auch wenn ich noch nicht genau weiß was.
Ich vertraue dem Prozess.